Ich habe ja bereits letzte Woche erwähnt, dass ich ziemlich gut darin bin, mich mit Ideen festzufahren, nun, um es kurz zu machen: Es ist wieder passiert.
Zum einen habe ich mir selbst die Zeit gestohlen.
Zum anderen habe ich mich völlig verrannt und mal wieder erkannt, wie gut es ist, wenn ich nicht einfach ins Blaue schreibe.
Verbindung zur Geschichte
Seit letztem Samstag habe ich kaum Zeit für meine Geschichte gefunden. Das Forenupdate der Schreibwerkstatt – das hinter den Kulissen immer noch nicht hundert prozentig abgeschlossen ist – sorgt dafür, dass ich kaum noch mit allem hinterher komme: Ja, ich muss mich unbedingt mal wieder um mein eigenes Zeitmanagement kümmern.
Auf jeden Fall war das der Hauptgrund, weshalb ich noch bis gestern das Gefühl hatte, dass einfach nichts klappt und ich wieder einmal hemmungslos feststecke.
Halt die Klappe! Mach einfach!
Aber gestern Abend habe ich mir dann einfach Zeit genommen. Ich habe alle Zettel von meiner Pinnwand abgemacht, mich mit den Karteikarten auf den Boden gepflanzt und angefangen nachzudenken.
Daraus habe ich gelernt: Ich muss mir aktiv Zeit nehmen und über meine Geschichte nachdenken, sonst verliere ich die Verbindung und sie wird kalt, schal und hohl.
Was ich bei meiner „Sitzung“ herausgefunden habe:
Hauptplot
Ich dachte eigentlich, dass der Plot soweit fest steht, die groben Eckpunkte gesetzt sind. An folgender Tatsache habe ich mich aufgehangen:
Ich habe zwei Hauptcharaktere in der Geschichte, die sich am Anfang nicht kennen und später einen Gutteil der Geschichte gemeinsam verbringen. Mein Problem – dachte ich – wäre jetzt: Wie treffen sich die Beiden?
Es brauchte einen Anstupser von meinem um mich wieder daran zu erinnern, dass ich ja mit dem Einsatz immer noch ein bisschen im Argen lag. Also hab ich einfach nochmal von vorne angefangen und so getan, als stünde rein gar nichts fest.
Antagonist
An dieser einen, kleinen, popligen Frage – wie treffen sich die zwei Hauptcharaktere – überlegte ich jetzt schon seit Wochen herum. Angedacht war, dass der Antagonist eine große Rolle bei diesem Treffen spielt. Am Montag ist mir aber aufgefallen, dass ich den Antagonisten fast nur dazu brauchte. Deshalb habe ich ihn gestrichen – einfach gestrichen.
Na ja, es ist mir schon ein bisschen schwer gefallen, aber es war eine unglaubliche Erleichterung, als ich es dann getan hatte. Irgendwie wurde die ganze Geschichte dadurch lockerer und weniger steif, weniger eng.
Es brachte aber auch einige Problemchen mit sich, weil er jetzt einige wichtige Aufgaben nicht mehr erfüllen konnte. Gerade weil er aber nur für „das Treffen“ gut war, sind das lediglich Kleinigkeiten, mit denen ich fertig werde.
Leider wusste ich dadurch immer noch nicht, wie „das Treffen“ nun zustande kommen soll und es brachte auch keine Erleuchtung für „den Einsatz“ mit sich.
Nebencharakter
Aber durch das Streichen dieses Charakters, bzw. die Degradierung zu einem Nebencharakter, der wahrscheinlich nicht mal mehr auftaucht, war da plötzlich eine ganze Menge leerer Raum. Dieser Raum im Zusammenhang mit meinem gestrigen „nichts steht fest“ half einem bis dato unwichtigen Nebencharakter auf die Sprünge, auf einmal zu einem mächtigen Antagonisten mutierte.
Ich war bass erstaunt, was alles so in diesem Charakter steckte. Plötzlich schien alles zu passen, fügte sich völlig ungezwungen ineinander und das brachte dann auch endlich genug Einsatz mit sich, um die Geschichte ans Laufen zu bringen. Puh!
Was ich daraus gelernt habe
Hauptcharaktere stehen nicht fest. Egal wie wichtig sie dir scheinen, egal wie sehr sie dir ans Herz gewachsen sind, manchmal ist es das Beste sie komplett umzukrempeln oder sogar zu streichen.
Am Anfang mag das wehtun, aber wenn die Geschichte dadurch lebendiger wird, hat es sich gelohnt. Und mal ehrlich, in deinem Kopf sind so endlos viele Ideen, du wirst sie mit Leichtigkeit in einer anderen Geschichte unterbringen, wo sie wesentlich besser passen und in ihrer volle Pracht entfalten können.
Wenn es nicht funktioniert, kannst du alles immer noch rückgängig machen.
Planung kommt vor dem Schreiben
Der enorme Vorteil, den ich durch all diese Prozesse mal wieder für mich entdeckt habe, ist der, dass ich bisher noch kein Wort geschrieben habe. Ja, in gewisser Weise ist das ein doofes Gefühl, ich hätte schon so oft gewollt. Aber dadurch waren diese vielen einschneidenden Änderungen wesentlich einfacher mit meinem Gewissen zu vereinbaren. Ich hatte eben nicht schon 10.000 Worte geschrieben, die ich jetzt alle in die Mülltonne werfen darf.
Alles was ich habe, sind ein paar Karteikarten, einige angelegte Szenen im yWriter (in denen aber nur eine Überschrift drin steht) und ein paar Mindmaps.
Meine abgewandelte Schneeflocke pulsiert im Augenblick immer wieder zwischen den Schritten 1 bis 5 herum, ohne ein ganz bestimmtes System. Dabei nutze ich alle Vorteile und Ideen, die mir über den Weg laufen, und lasse den Rest links liegen.
Was fehlt?
Jetzt, wo der grobe Plan mitsamt Besetzung und Einsatz wirklich steht, habe ich noch einige verdammt große Lücken zu stopfen. Der Anfang ist soweit in Ordnung, wie das Ende aussehen wird weiß ich auch schon – faszinierend dabei ist, dass mich das gar nicht stört, ich finde es sogar toll zu wissen wie es ausgeht – was jetzt noch fehlt, ist die Mitte. Das ist eigentlich das größte Stück der Geschichte, das „Wie komme ich von A nach B?“
Wie dieses Stück aussehen wird, da habe ich ehrlich gesagt noch keine Ahnung. Das liegt aber zu einem Gutteil daran, dass es allein in den Teilen die ich schon habe noch viele Stellen gibt, wo ich nicht wirklich sagen kann, was passiert. Das kommt wiederum daher, dass es stark vom Wesen der beteiligten Charaktere abhängt, was genau in diesem Moment passieren wird – muss. Aber die Charaktere kenne ich bisher nur sehr grob.
Was kommt als Nächstes?
Tja und mit dem was fehlt erklärt sich auch gleich, was ich für nächste Woche geplant habe: Ich werde die Charaktere entwickeln.
Ich gebe mich da keinen Illusionen hin. Ich weiß, wie viel Arbeit das mit sich bringt, und erwarte gar nicht, dass ich alle auf einmal schaffe. Aber ich denke, dass ich zumindest einen Charakter zu meiner Zufriedenheit hinbekommen sollte. Mit welchem ich anfange weiß ich noch nicht.
Ich denke auch, dass ich die Charaktere nicht ganz unabhängig voneinander entwickeln werde. Schließlich sollen sie nachher auch zusammen funktionieren und sich gegenseitig auf die richtige Weise beeinflussen, ergänzen und entwickeln. Da wäre es dumm jeden als eigenes Universum zu betrachten, auf den die Anderen keinen Einfluss haben.
Diskussion?
Wie steht es bei dir? Wie bist du in der letzten Woche vorangekommen? Sind deine Geschichten statische Gebilde oder ändert sich der Plot während seiner Entwicklung genauso drastisch? Könntest du einen Charakter einfach so streichen? Tu mal so als ob, was käme dabei heraus? Was hast du für nächste Woche geplant?
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