Normalerweise versuche ich mich in meinen Urteilen zurückzuhalten (naja, nicht immer 😳 ). Es gibt eigentlich immer mehr als nur eine valide Sichtweise. Aber bei dieser einen Sache bin ich fest überzeugt:
Prophezeiungen sind lahm!
Und noch mal, um es ganz deutlich zu machen und keinen Raum für Missverständnisse zu lassen: Prophezeiungen sind immer langweilig.
Sie sind eine stupide Art des Autors zu sagen
Hey! Es wird noch voll spannend!
Ja, ich weiß, mein Protagonist hängt gerade in dreckigen Unterhosen vor dem Fernseher rum, oder geht völlig langweiligen Spuren nach, aber das muss so sein. Später wird es voll guhuut.
Öhm. Nein?
Denn Fakt ist:
Es gibt keine Prophezeiungen.
Zumindest keine, die es sich anzuhören lohnt.
Möglichkeit Nummer 1:
Die Prophezeiung ist unabänderlich. Das bedeutet, komplett egal, was der Protagonist oder irgendein Übergott (falls der und der Protagonist nicht sowieso schon dieselbe Person sind) … also egal was irgendwer macht, es passiert so oder so, genau so, wie es in der Prophezeiung gesagt wurde.
Für mich als Geschichten-Charakter … solche Dinger möchte ich nicht hören, weil naja, wie ich schon gesagt habe, ich kann sowieso nichts dran ändern. Und für mich als Geschichten-Leser … solche Dinger möchte ich nicht hören, weil naja, sie machen die Geschichten langweilig, denn, wie schon gesagt, ich weiß vorher schon was später passiert.
Möglichkeit Nummer 2:
Die Prophezeiung ist veränderbar. Das bedeutet aber dass es keine „echte“ Prophezeiung ist, es ist einfach nur eine Möglichkeit. Und – ganz ehrlich – ich möchte mir lieber meine eigenen Gedanken machen, als zu wissen, was irgendein altes Mütterchen – die den Protagonisten zum ersten mal in ihrem Leben sieht, zu viel blaugrüne Kräuter in ihrem Tee hatte oder einfach nur einen Sprung in der Schüssel – darüber vermutet, was vielleicht in der Zukunft der Geschichte vorkommt … oder eben auch nicht.
Aber der allwissende Autor …
Ja, genau, der allwissende Autor weiß was passiert. Und wenn wir ihn fragen könnten, dann würde ein guter Autor uns müde ins Gesicht lachen oder zum Teufel jagen, wenn wir ihn fragen würden, was irgendwo in der Mitte oder gar am Ende der Geschichte passiert. Weil … dann braucht man ja die Geschichte nicht mehr zu lesen … oder?
Natürlich wissen wir nicht mit Sicherheit, was für eine Art Prophezeiung das ist, die wir da vorgesetzt bekommen. Und ich gebe zu, man könnte argumentieren, dass das die Sache wiederum spannend macht … könnte man. Mache ich aber nicht. Ist nämlich blödsinn. Denn der Autor ist ja allwissend. Das heißt ich nehme an, dass er a) nicht blöd ist und b) Spannung erzeugen und erhalten möchte. D.h. er wird irgendwas in den Raum werfen, was sich toll anhört aber (wahrscheinlich) nicht ganz, aber (wahrscheinlich) fast wahr ist. Damit ich am Ende denke
Wow, wie ungewöhnlich faszinierend, der Einsiedler auf dem Berg hat voll die coole Prophezeiung gemacht und die ist wahr geworden … aber auch nicht so ganz, denn der übertolle Protagonist hat am Ende die Welt doch noch gerettet … damit hätte ich ja sowas von gar nicht gerechnet …
Öhm. Nein!
Das ist ganz bestimmt nicht was ich denken würde. Ich würde eher etwas in die Richtung denken wie:
Wow! Was für ein Wunder! Der allwissende Autor wusste schon auf Seite 12, dass es später mal spannend wird. Und weil ihm absolut nichts anderes eingefallen ist um den Anfang/die Mitte seiner Geschichte spannender zu machen, hat er einen Spoiler eingebaut. Und weil er geglaubt hat, dass ich absolut Null Intelligenz besitze (denn sonst wüsste ich ja, dass er der Autor ist und die ganze Geschichte (wahrscheinlich) von vorne bis hinten geplant hat), hat er sich für besonders clever gehalten und den Spoiler als Prophezeiung getarnt. Boojah.
Deshalb eine innige Bitte:
Keine Prophezeiungen.
Sie sind einfach völlig unnötig. Ich kenne keine Geschichte, die nicht besser geworden wäre, wenn man die Prophezeiungen weggelassen hätte. Wenn man sich statt dessen einen echten Grund ausgedacht hätte, warum der Protagonist jetzt in die Wüste reist und den bösen Drachenkönig bekämpft. Oder wenn der Bösewicht ein paar nachvollziehbare Spuren hinterlassen hätte (Hey, ich hab gehört es soll Krimis geben, die genau so funktionieren). Wenn man die Geschichte im aktuellen Lesemoment spannend gemacht hätte, statt durch einen lahmen Trick zu versprechen, dass sie irgendwann (vielleicht) einmal spannend wird.
Achtung: „Spannung“ ist nicht gleichzusetzen mit „Action“. Die spannendsten Momente sind häufig nicht die, mit dem meisten Blut, dem größten Kampf, der schnellsten Hetzjagd. Die wirklich spannenden Augenblicke sind meistens ganz still und können sich sogar einzig und allein im Kopf des Protagonisten abspielen. Denn Spannung kommt durch Konflikt.
Friedensangebot
Wer einen Grund findet, ich meine einen echten, unbestreitbaren, guten Grund, warum es absolut und unausweichlich notwendig ist in einer bestimmten -frei wählbaren- Situation eine Prophezeiung einzubauen, und damit eine Geschichte besser macht, der bekommt von mir 99 Gummipunkte. (Für 100 Punkte gibt’s eine Waschmaschine oder eine Baggerfahrt durch die Eifel)
Keine Prophezeiung ist …
wenn der Leser aufgrund von Handlungen, Gedanken, Hinweisen etc. selbst auf Ideen kommt, wie es (wahrscheinlich) weitergeht oder was später (vielleicht) passiert. Das sind Vorahnungen des Lesers. Und mit denen zu spielen, das macht eine richtig gute Geschichte aus!
Diskussion
Kommt in deiner Geschichte eine Prophezeiung vor? Warum? Und was würde passieren, wenn du die Prophezeiung weglassen würdest? Welche Prophezeiung kennst du, die eine Geschichte erst so richtig gut gemacht hat? Welche Prophezeiung kennst du, die eine Geschichte so richtig schlecht gemacht hat? Was hältst du von Prophezeiungen?