Beim vierten „Sinn“ dieser Serie geht es um die Zunge.
Das Essen
Natürlich denken wir beim Geschmack zuerst ans Essen. An saftige Steaks, saure Äpfel, sahnige Puddingcreme, süßes Obst, salzigen Hering und vieles mehr.
Dabei schmeckt man auch ganz andere Dinge. Zum Beispiel kurz nach dem Aufwachen; Selbst wenn du, am Abend vorher, mit einem guten Buch ganz brav zu Hause gesessen hast, ist da dieser abgestandene Geschmack im Mund.
Häufig kann dein Mund dir auch sagen ob du gesund bist, eine Infektion hast oder Mal wieder zum Zahnarzt müsstest.
Medizin, Krankheit und Schweiß haben genau so ihren Eigengeschmack wie Kaugummis, Angst und Zahnpasta.
Der Doppelsinn
Die Zunge ist das einzige Sinnesorgan, das zwei Sinneseindrücke vermitteln kann. Neben dem Schmecken kann sie nämlich auch fühlen. Der Hauptgrund, warum sie bei der schönsten Nebensache der Welt so gerne zum Einsatz kommt.
Aber auch beim eben schon erwähnten Essen verrät sie uns viel mehr über das, was wir zu uns nehmen, als nur den Geschmack. Sie nimmt die Konsistenz war, die Oberflächenstruktur und auch die Form.
So können wir selbst mit geschlossenen Augen und ausgeschaltetem Geschmack herausfinden, was in etwa wir da im Mund haben. Probier es doch einfach aus:
Experiment 1
Natürlich kannst du nicht einfach deinen Geschmack abschalten, aber Nase zu halten kommt dem schon recht nahe. Lass dir von einem Freund oder Familienmitglied, bei verbundenen Augen und zugehaltener Nase, etwas zu Essen reichen. Versuche durch Form und Konsistenz herauszufinden was es ist.
Teamarbeit
Außerdem ist der Geschmack die Erweiterung des Geruchs. Beide Sinne hängen fast untrennbar zusammen.
Wer nicht riechen kann, der kann nichts, oder nur sehr wenig schmecken. Im Gegenzug schlägt sich ein besonders intensiver Geruch dann manchmal auch auf der Zunge nieder:
Er konnte den Fischgeruch förmlich schmecken …
Ihm lief das Wasser im Mund zusammen …
Aber die Zunge kann noch viel mehr. Sie ist Indikator für Durst:
[Nach ein paar Stunden ohne Wasser] … seine Zunge klebte am Gaumen …
[Nach einem Tag] .. seine Zunge war dick geschwollen …
Oder aber auch für „den Morgen danach“:
… Irgendetwas Pelziges musste über Nacht in seinem Mund gestorben sein …
(Thorsten Hunsicker; Digitaler Albtraum; S.51)
Ein besonders schönes Beispiel für eine Mischung aus schmecken und fühlen.
Außerdem taucht die Zunge immer wieder gerne im Zusammenhang mit neuen oder alten Detektivgeschichten auf. Der Ermittler findet eine merkwürdige Substanz am Boden; Dann steckt er seinen Finger rein um daran zu lutschen und festzustellen, in welcher Reinigung der Täter seine Kleider gebracht hat.
Nun, so unwahrscheinlich das in mancher Situation auch sein mag, für mich ist der Geschmack, wie auch vor Allem der Geruch ein sehr unterschätzter und wenig verwendeter Sinn.
Experiment 2
Diesmal probier es mit Salz und Zucker. Am besten löst du eine Priese von Beidem in je einem Schluck Wasser auf. Selbe Situation wie eben: Augen und Nase zu. Und? Konntest du ehrlich schmecken, welches das Zucker- und was das Salzwasser war?
Seine Werkzeuge kennen
Tja und an dieser Stelle wollte ich etwas über die Aufteilung der Zunge erzählen. Wobei verschiedene Bereiche für verschiedene Geschmäcker zuständig sind (irgendwozu sollte Schulwissen doch gut sein, oder?). Aber bei meiner Recherche hab ich heraus gefunden, dass das gar nicht mehr stimmt.
Natürlich wollte ich mich nicht auf einen einzigen Artikel verlassen, aber so wie es aussieht ist das jetzt die allgemein anerkannte Meinung. Deshalb beschränke ich mich auf den Link zu einem sehr interessanten Artikel über die Geschmacksqualitäten. Wirklich sehr spannend, würde hier aber doch zu weit führen.
Anwendung
Kommen wir noch mal zu unserem Beispiel zurück, dass wir ja seit dem ersten Mal doch schon recht gut ausgebaut haben:
Das Tier stößt sich fast den Kopf in der haushohen Höhle, ölige schwarze Schuppen schaben über den Fels und ziehen sich über den wuchtigen Körper. Ein dröhnendes Knurren quillt über seine wulstigen Lippen. Eine Wolke aus Moder und dem Gestank von faulen Eiern schlägt Edi ins Gesicht. Dann plötzlich reißt es seinen Rachen auf, giftig grüner Schleim spritzt Edi auf die Brust. Beißender Geruch von verbranntem Fleisch dringt ihm in die Nase und nimmt ihm den Atem. Armlange Zähne blitzen auf und das Brüllen, grollend wie ein Donner, zerfetzt Edi fast das Trommelfell.
Mal sehen wie sich da die Zunge unterbringen lässt:
Beim Anblick des Tiers wird Edis Mund ganz trocken. Es stößt sich fast den Kopf in der haushohen Höhle. Ölige schwarze Schuppen schaben über den Fels und ziehen sich über den wuchtigen Körper. Ein dröhnendes Knurren quillt über die wulstigen Lippen. Eine Wolke aus Moder und dem Gestank von faulen Eiern schlägt Edi ins Gesicht, bittere Magensäure sammelt sich in seiner Kehle, er muss Schlucken. Dann plötzlich reißt das Vieh seinen Rachen auf, giftig grüner Schleim spritzt Edi auf die Brust. Beißender Geruch von verbranntem Fleisch dringt ihm in die Nase, zieht ihm den Mund zusammen und nimmt ihm den Atem. Armlange Zähne blitzen auf und das Brüllen, grollend wie ein Donner, zerfetzt Edi fast das Trommelfell.
Ich finde so langsam bekommt man doch einen recht guten Eindruck davon, wie Edi sich gerade fühlt.
Aufgabe 1
Die Zunge als konventionelles Geschmacksorgan. Finde einen interessanten Geschmack und beschreibe ihn jemandem, der ihn nicht kennt. Dabei muss es sich nicht unbedingt um Essen handeln, ich fände es sogar toll, wenn es etwas anderes wäre.
Aufgabe 2
Die Zunge als multiples Sinnesorgan. Beschreibe eine Situation in der die Zunge eine Hauptrolle spielt, ohne dass sie schmecken muss. Natürlich kann das eine Liebesszene sein. Aber wenn du die Schwierigkeitsstufe erhöhen möchtest, dann klammere auch das aus und finde etwas ganz Anderes.
Die Situation an sich muss dabei nicht spannend sein, es geht einzig und alleine darum deine Fähigkeit zu trainieren, mit der Zunge als Kommunikationsmittel zwischen dir und deinem Leser umzugehen.
Wobei ich zugeben muss, ich glaube, dass die Zunge das schwierigste Sinnesorgan sein könnte. Zumindest wenn man den Geschmack ausklammert. Vielleicht hilft dir dazu ein kleines Brainstorming.
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