Der zweite „Sinn“ dieser Serie: Die Ohren.
Die Augen und „der Rest“
Viele zeitgenössische Autoren haben sich auf das Sehen als primären Sinneseindruck eingeschossen. Warum gibt es diese Fixierung auf die visuelle Wahrnehmung?
Vielleicht weil der Mensch es gewohnt ist seinen ersten Eindruck über die Augen aufzunehmen. Allerdings ist längst nicht jeder Mensch visuell veranlagt. Es gibt Menschen die viel schneller über das Gehör oder das Gespür lernen.
Außerdem vergibst du dir so viel, wenn du dich nur auf das Sehen beschränkst. Schließlich gibt es fünf Sinne mit denen wir uns in der Welt zurecht finden. Jeder Einzelne ist ein hervorragendes Mittel den Leser in deinen Bann zu ziehen.
Beispiel
Wir hatten Teil über das Sehen schon folgendes Beispiel:
Das Tier ist hoch wie ein Haus, ölige schwarze Schuppen ziehen sich über seinen Körper und aus seinem Maul trieft giftig, grüner Schleim.
Schon ziemlich beeindruckend oder?
Das Tier ist hoch wie ein Haus, ölige schwarze Schuppen ziehen sich über seinen Körper. Ein dröhnendes Knurren quillt über seine wulstigen Lippen. Dann plötzlich reißt es seinen Rachen auf, giftig grüner Schleim spritzt Edi auf die Brust, Armlange Zähne blitzen auf und das Brüllen, grollend wie ein Donner, zerfetzt ihm fast das Trommelfell.
Ein Monster, ohne Zweifel, oder?
Hören und Musik
Wie beim Sehen lernst du es nur, indem du es tust. Nur ist es beim Hören nicht ganz so intuitiv. Denn aufgrund von Fernsehn und Internet sind wir so auf’s Sehen getrimmt, dass es uns fast schon schwer fällt unsere anderen Sinne zu benutzen.
Sollst du dein Gehör trainieren, dann fällt dir sicher als erstes Musik ein. Sicher ist Musik ein Weg. Beschreibe was du hörst, versuch die Melodie auf Papier zu bannen. Aber das ist zugleich auch die Königsdisziplin des Hören-und-Beschreiben.
Fang also besser mit einfacheren Dingen an.
Raus hier
Es gibt auch noch tausend andere Möglichkeiten. Natürlich möchte ich dich am liebsten gleich wieder an die frische Luft schicken.
Mach einen Spaziergang oder noch besser, fahr an einem Wochenende ganz weit weg, irgendwohin, wo die nächste richtige Straße Kilometerweit weg ist. Setz dich auf eine Wiese und hör einfach nur zu. Höre wie es sich anhört, wenn die Zivilisation still ist. Geh durch den Wald und lausche deinen Schritten.
Hör genau zu wie sich „nichts“ anhört.
Hintergrundgeräusche
Aber du kannst auch in deinem Täglichen Alltag das Hören üben. Tu einfach, was du immer tust, und dann versuch dir selbst zu beschreiben, wie es sich anhört.
Ein Auto fährt vorbei. Was macht es für ein Geräusch? Ist es ein Summen, ein Brummen, ein Surren oder ein Dröhnen? Und wie summt, brummt, surrt oder dröhnt es?
Beschreib es so, als müsstest du es jemandem erklären, der noch nie in seinem Leben ein Auto gehört hat. Was für Geräusche macht dein Bügeleisen? Wie hört sich das Falten von Wäsche an?
Nicht nur die lauten Dinge aus unserem Alltag fallen uns nicht mehr auf, sondern ganz besonders die Leisen scheinen nicht zu existieren. Eigentlich alles erzeugt Töne, sogar dein Atem. Wie hört sich das an?
Stille fühlen
Achte darauf, was für Gefühle diese Geräusche bei dir erzeugen. Wenn du im Dunkeln Zimmer sitzt (noch besser, verbring ein paar Stunden allein im dunkeln Wald) hast du dann Angst? Was genau ist es, das dir Angst macht? Ist es wirklich die Stille? Oder ist es das leise Knistern, das Knacken oder der Seufzer den du keiner Quelle zuordnen kannst?
Jedes Geräusch erzeugt ein Gefühl, überprüfe an dir selbst was für ein Gefühl das ist. Setz dich hin, schließ die Augen und stell dir das Geräusch vor. Probier aus wie sich seine Wirkung verändert wenn du mit ihm spielst. Was passiert wenn du es leiser oder laut drehst? Was wenn du es dämpfst, unter Wasser hörst, verlangsamst oder beschleunigst? Was wenn du es aus der Entfernung hörst oder ganz nah heran gehst?
Aufgabe für heute
„Zeige“ uns ein Geräusch, ein unscheinbares mit viel Effekt.
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