Warum schreibst du?
Wenn du ein Buch schreibst, was ist dann dein Ziel?
Möchtest du einen Roman zu verfassen, den du veröffentlichen willst, eine Geschichte die Hunderttausende von Menschen lesen sollen?
Aber was möchtest du damit eigentlich erreichen?
Schlagseite
Ich hab im Augenblick ein wenig Schlagseite, also bitte nicht wundern, wenn diese Zeilen philosophisch oder sogar ein wenig melancholisch wirken. Die Schlagseite kommt daher, dass ich gerade ein Buch gelesen habe „Beim Leben meiner Schwester“ (Nochmal danke an den Schenker ), und das hat mich sehr nachdenklich gestimmt.
Im Klappentext steht:
Ohne ihre Schwester Anna kann Kate Fitzgerald nicht leben: Sie hat Leukämie. Doch eines Tages weigert sich die dreizehnjährige Anna, weiterhinKnochenmarkfür ihre todkranke Schwester zu spenden. Ein Anwalt soll dafür sorgen, dass sie ihren Körper nie mehr für Kate zur Verfügung stellen muss.
Normalerweise lese ich solche Bücher nicht, aus zwei Gründen:
1. Ich bin zu nah am Wasser gebaut, sie nehmen mich mit, ob ich weiß wie es ausgeht oder nicht.
2. Das Leben ist schon schlimm genug, da muss ich mich nicht auch noch in meiner Phantasiewelt so traurigen Gedanken hingeben.
Als ich es geschenkt bekommen habe, wollte ich dem Buch aber eine ehrliche Chance geben. Vielleicht gefällt es mir ja, und ich bin immer gerne bereit mit meinen Vorurteilen aufzuräumen.
Also hab ich es gelesen, ich hab etwa 24 Stunden gebraucht, und am Ende habe ich Rotz und Wasser geheult.
Hab ich es bereut?
Ja und nein.
Ja, weil die Situation eingetreten ist, die ich befürchtet habe: Ich hab mich beschissen gefühlt. Nein, weil es eigentlich ein gutes Buch ist, vielschichtig, einfühlsam, tief greifend und moralisch aber ohne Zeigefinger.
Und dann, …
… tja das Heulen ging vorüber, meine Nase läuft nicht mehr, und jetzt sitze ich hier und habe immer noch dieses beklemmende Gefühl im Bauch, das wahrscheinlich erst wieder weggeht, wenn ich eine Nacht drüber geschlafen habe, und ich stelle mir folgende Frage:
Wie kann jemand so gemein sein, und wollen, das Menschen anfangen zu weinen, wenn sie ihre Geschichte lesen? Aber dann schüttel ich den Kopf und sage mir, das kann nicht sein, … das kann nicht ihr Ziel gewesen sein. Ich kenne Jodi Picoult nicht und maße mir nicht an, zu wissen, was sie sich dabei gedacht hat. Aber die Frage hallt immer wieder in meinem Kopf nach: Was wollte Jodi Picoult mit diesem Buch erreichen?
Und damit komme ich zu der eigentlichen und essentiellen Frage:
Was will ich mit meinem Buch erreichen?
Ja, ich gebe es zu, ich möchte Menschen zum Weinen bringen (irgendwo in der Mitte der Geschichte). Ich möchte Menschen zum Lachen bringen. Ich möchte Gänsehäute erzeugen, Herzklopfen, und das beklemmende Gefühl wenn du um das Leben deines Lieblingscharakters bangst und hoffst, wo es keine Hoffnung mehr zu geben scheint.
Ich möchte Emotionen transportieren. Ich möchte das Schreiben als das verwenden was es ist, als Magie die Zeit und Raum überbrückt und meine Gedanken an Menschen weiter gibt, die ich nie in meinem Leben getroffen habe. Ich will eine Geschichte erzählen, die beim Lesen Spaß macht, und dich mit einem wohlig warmen Gefühl in deinem Sessel oder Bett zurück lässt.
Ich möchte Menschen zum Nachdenken bringen
Bisher hab ich noch nie darüber nachgedacht, und so etwas ist bisher auch noch nicht bewusst in eine meiner Geschichten eingeflossen, aber wenn ich genau darüber nachdenke, dann ist es das was ich will. Sicher, ich will auch unterhalten, ich will dass das Lesen Spaß macht. Aber eigentlich will ich, dass der Leser seinen Denkapparat in Gang setzt und anfängt zu grübeln.
Eins meiner ersten echten Bücher, und gleichzeitig eins meiner Liebsten, ist „Sofies Welt“ (der Film ist übrigens Mist). Es öffnet die Tore in die Welt der Philosophie und nimmt dich gefangen. Ein Spruch daraus lautet sinngemäß:
Wenn Kinder erwachsen werden, verlieren sie die Fähigkeit sich zu wundern.
Ich hab das selbst gelesen, als ich vielleicht gerade zwölf oder vierzehn war; damals wie heute bin ich der Meinung, das ist absolut wahr. Als Kleinkind ziehst du durch die Straßen, zeigst auf jeden Hund, springst auf und ab und schreist „Wuff! Wuff!“, weil dieses vierbeinige Ding ein absolutes Wunder für dich ist. Später hast du so viele Hunde gesehen, dass dich höchstens einer mit fünf Beinen dazu bringen könnte, eine Augenbraue zu heben, … wirklich wundern würdest du dich wahrscheinlich trotzdem nicht.
Ich möchte meine Fähigkeit mich zu wundern behalten, mehr noch, ich würde sie gerne weiter geben. Das ist mein Ziel, das will ich wirklich erreichen.
Das Ende
Und am Ende von der Geschichte, da will ich, dass der Leser mit ein klein wenig Wehmut von den Charakteren Abschied nimmt, ich will, dass er sie vermisst, weil er sie gern hat, aber er soll auch wissen, dass es ihnen gut geht, … dass sie jetzt glücklich sind, egal wo sie sind.
Das muss kein Hollywood Happy End sein, das muss kein Friede, Freude, Eierkuchen sein. Aber er soll nicht in der Luft hängen und sich sagen „So eine Scheiße, warum musste es gerade so enden?“
Ich gebe zu, das ist eine Gratwanderung. Es ist eine sehr schmale Grenze zwischen „zu offensichtlich“ oder „langweilig“ und „zu verquer“ oder „schrecklich„. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich da genau den richtigen Punkt treffen könnte. Es kommt eben auch darauf an, was du erreichen möchtest. Ich hab mich ja schon festgelegt und gesagt, mein Ziel ist es, den Leser glücklich zu machen, oder ihm ein Fünkchen Hoffnung zu hinterlassen, wenigstens am Ende.
Was willst du eigentlich erreichen?
Und damit sind wir auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Was ich erreichen möchte, ist völlig belanglos. Ich schreibe nicht deine Geschichten, ich veröffentliche nicht deine Bücher, ich verkaufe nicht deine Romane, ich bin nicht du. Wenn du also deine Geschichte schreibst, … was möchtest du damit erreichen?
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