Im ersten Teil, der Serie über Programme zum Mindmapping, beschäftige ich mich mit Freemind (Version 0.8.1), einem kostenlosen Programm, über das ich bei meiner Suche nach einer anständigen Software immer wieder gestolpert bin.
Wenn du nicht genau weißt, was Mindmapping überhaupt ist, oder wozu man so ein Programm benutzen kann, dann lies dir auch meinen Artikel über Mindmapping als Inspirationstechnik durch.
Erster Eindruck
+ Das Programm ist kostenlos.
+ Der Download ist ohne Registrierung möglich.
Klick auf das Bild für eine größere Darstellung.
Wie schon gesagt, dieses Programm wird gerne verlinkt und ich bin immer wieder auf der entsprechenden Internetseite gelandet, deshalb war es das allererste Programm, was ich ausprobiert habe. Bevor ich meinen allerersten Eindruck wiedergebe, möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Eindruck auf einer Version basiert, die heute mehr als ein halbes Jahr alt ist.
Okay, beim Allerersten ausprobieren war ich einfach nur entsetzt. Es war absolut nicht intuitiv, sah unterirdisch aus und es funktionierte einfach nichts, wie ich es erwartet hätte. So, hätte ich das hier fast stehen gelassen. Zum Glück bin ich in meiner Recherche aber gründlich, habe die neueste Version runtergeladen, installiert und noch einmal ausprobiert. Es hat sich gelohnt. Die Verbesserungen sind gigantisch und ich darf sagen, dass sie dem kostenpflichtigen Gegner durchaus Konkurrenz macht.
Mein neuer erster Eindruck ist: Die Handhabung ist simpel und eingängig. Ich brauchte kein Tutorial und gar nichts um mich zurechtzufinden. Der Funktionsumfang ist zwar nicht so groß wie bei anderen Programmen und manche Dinge sind etwas eingeschränkt, aber es ist immerhin kostenlos verfügbar.
Handhabung
Wie bei den meisten Mindmapping Programmen erzeugt die Taste Ins ein neues „Kind„, das heißt, es wird ein neuer Knoten als Unterpunkt angehängt. Die Enter Taste erzeugt ein „Geschwister“, das heißt, in derselben Ebene wird ein neuer Knoten hinzugefügt.
Diese Einstellung ist äußerst praktisch, sehr effizient und fördert den Gedankenfluss, der so kaum ins Stocken gerät.
Klick auf das Bild für eine größere Darstellung.
— Leider werden die Zeilen in den einzelnen Knoten erst dann automatisch umgebrochen, wenn sie so lang werden, dass sie den Bildschirm verlassen, das macht es unter Umständen doch etwas unübersichtlich. Es gibt auch auf den ersten Blick keine Möglichkeit einen manuellen Zeilenumbruch einzufügen. Erst wenn der Bildschirmrand überschritten wird, erscheint beim Enterdrücken ein kleines Fenster, ein sogenannter externer Editor, in dem man Dinge wie Zeilenumbrüche einfügen kann. Für mich etwas zu umständlich.
— Ein weiteres Manko, die Punkte erscheinen immer weiter nur auf einer Seite des Hauptknotens. Es findet keine automatische Aufteilung statt. Das sieht nach einer Weile ziemlich merkwürdig aus und irgendwie so gar nicht wie eine Mindmap. Allerdings kann man die Punkte per klicken-und-ziehen von Links nach rechts verschieben, wo sie dann automatisch so ausgerichtet werden, dass sie schick aussehen.
+ Wenn man ganz an den Anfang eines Knotens geht, erscheint vorübergehend ein kleines Oval, klickt-und-zieht man hier kann man den Unterpunkt frei im Raum verschieben. Kinder werden komfortabel mit verschoben und die Verbindung zum Elternknoten bleibt vorhanden, kann aber unter Umständen durch andere Geschwister hindurch führen.
— Leider gibt es keine Möglichkeit Knoten durch Ziehen zu markieren. Allerdings kann man durch Klicken bei gedrückter Shift- oder Strg-Taste mehrere Punkte gleichzeitig markieren und auch schnell löschen.
+/— Sehr praktisch: Durch einfaches Anklicken klappen die Kinder des angeklickten Knotens ein oder aus. Das hat den Nachteil, dass ein Knoten der Kinder hat, nicht mehr durch einfaches Anklicken bearbeitet werden kann, auch ein Doppelklick führt nicht zum Ziel. Die einzige Möglichkeit einen bestehenden Knoten mit Kindern zu bearbeiten ist: Rechtsklick und dann „Knoten bearbeiten“.
— Wie bei jedem halbwegs guten Mindmapping Programm gibt es die Möglichkeit kleine Icons an die einzelnen Punkte anzuhängen. Es ist normal, dass die Icons immer an den Anfang des Knotens gesetzt werden. Was allerdings tierisch nervt, ist Folgendes:
Ich klicke einen Knoten mit der Maus an, um ihm ein Icon zuzuweisen. Dann wandere ich mit der Maus nach links, um ein Icon auszuwählen. Dabei wandere ich ausversehen über einen anderen Knoten. Wenn ich jetzt auf das Symbol klicke, weist Freemind das Symbol diesem anderen Knoten zu, weil er den Fokus automatisch auf ihn gesetzt hat, wo er aber gar nicht hin sollte *grml*.
— Bilder können zwar eingefügt werden, aber erstens muss vorher die Map gespeichert werden, was ein bisschen nervig ist und zweitens kann das Bild nur innerhalb eines Knotens eingefügt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass in dem Fenster – in dem man die Datei auswählen kann die eingefügt werden soll – kein Vorschau Modus möglich ist. Insbesondere bei den kryptischen Bezeichnungen, die heutzutage gerne von Fotokameras gewählt werden, ein echter Minuspunkt.
— Es gibt zwar eine Funktion für Notizen, aber die ist sehr gewöhnungsbedürftig. Du gehst mit der Maus über den Knoten, der die Notiz bekommen soll. Dann gehst du auf Einfügen >> Notiz. Anschließend musst du erst noch in das nun geöffnete Notizfenster klicken, bevor du deine Notiz eintippen kannst.
Klick das Bild für eine größere Ansicht.
Es gibt nicht die Möglichkeit eine Notiz über einen Rechtsklick hinzuzufügen. Und wenn du es über das Menü oben versuchst, dann hast du das Problem, dass du auf dem Weg zum Notizfenster über keinen anderen Knotenpunkt kommen darfst. Tust du das doch springt der Fokus sofort auf diesen Knoten und das Notizfenster schaltet sich aus. Die (leere) Notiz ist zwar noch vorhanden, du kannst aber nichts drin eintippen, weil die Notizansicht immer nur für den Knoten im Fokus gilt, also gleich wieder weg flippt, weil du für diesen anderen Knoten ja noch keine Notiz hinzufügt hast. Klingt kompliziert, ist es auch.
— Es gibt zwar die Möglichkeit Navigieren >> Alles Aufklappen/Zuklappen, aber das bezieht sich immer nur auf den aktuell aktiven Knotenpunkt. Wie bei den Notizen gilt hier der Nachteil, dass der Fokus sofort verspringt, wenn man versehentlich mit der Maus über einen der Knoten fährt.
+ Gruppierungen können einfach erzeugt werden. Dazu klickst du auf das Element, dessen Kinder du zu einer Gruppe zusammenfügen möchtest und klickst dann Einfügen >> Wolke das sieht dann ganz automatisch schick aus.
Klick das Bild für eine größere Ansicht.
— Es können Verbindungen erzeugt werden, aber dazu musst du zuerst beide zu verbindenden Knoten bei gedrückter Strg-Taste markieren. Für mich sehr umständlich und nicht gerade intuitiv.
Außerdem ist es merkwürdig, dass ich über das Rechts-Klick-Menü auch dann „Einfügen >> Graphische Verbindung erzeugen“ auswählen kann, wenn nur ein Knotenpunkt ausgewählt ist, nur um dann eine Fehlermeldung zu bekommen.
Klick das Bild für eine größere Ansicht.
+ Ein Link zu einer Internetseite ist leicht gesetzt Einfügen >> Hyperlink (Textfeld).
+ Auch ein Link zu einer existierenden Datei kann einfach über Einfügen >> Hyperlink (Dateiauswahl) hinzugefügt werden. Zurück zur eigentlichen Map kommst du über die kleinen blauen Pfeile ganz links oben im Menü.
— Leider muss die zu verlinkende Datei schon existieren, was unter Umständen etwas umständlich sein kann, wenn ich erst eine neue Datei erzeugen, speichern und sie dann noch in der eigentlichen Map verlinken muss.
+ Maps können als PDF, Html und in einigen anderen Formaten exportiert werden.
— Allerdings sind die Ergebnisse des Exports nicht besonders schick. So ist das PDF kein DIN-A4, sondern nur gerade genau so groß wie die Map, ohne jeden Rand; und die Html Datei ist entweder eine bloße Liste oder eine Ansicht mit Bild und irgendwelchen Links, die aber nicht funktionieren bzw. für mich sehr uneinsichtig sind.
+ Es gibt die Möglichkeit: Datei >> Auf gespeicherte Version Zurückgreifen, damit wird die zuletzt gespeicherte Version wiederhergestellt. Wenn du das versehentlich gemacht hast, nicht erschrecken über Strg+Z bist du wieder da wo du her kommst.
— Die Map kann zwar gedruckt werden, aber leider gibt es keine Druckvorschau.
+ Es gibt einen integrierten Kalender. Der sieht allerdings aus wie ein ganz uralter Windows-Taschenrechner. Er scheint einige Funktionen zu haben, auf Anhieb hab ich nur die erkannt, dass man mit ihm Daten an die einzelnen Knoten anhängen kann, so als hätte man das Datum eingetippt, aber ohne es einzutippen 😉
+/— Dann gibt es auch einen Zeitplan, allerdings konnte ich nicht herausfinden, wie man den befüllt oder benutzt.
+ Zu guter Letzt gibt es eine Historie, die anzeigt, wann welche Knoten zuletzt bearbeitet wurde.
Formatierung
+ Die Hintergrundfarbe von Knoten kann verändert werden, genau wie die Farbe, Dicke und Art der Knoten- und Verbindungslinien.
— Allerdings ist es nicht möglich die Form der Knoten zu formatieren – es gibt nur „Blase“ und „Unterstrich“ – oder den Hintergrund der gesamten Map anzupassen.
— Auch bei der Formatierung der Map hatte ich immer wieder das Problem, dass durch eine unüberlegte Mausbewegung plötzlich der falsche Knoten im Fokus lag und verändert wurde.
Anwendungsmöglichkeiten
Für private Zwecke, kleine Mindmaps und persönliches Brainstorming ist dieses Programm durchaus geeignet. Die kleinen Macken sind ein wenig gewöhnungsbedürftig aber einigermaßen erträglich.
Anmerkung: Für all die kleinen Probleme aus Handhabung und Formatierung mag es Möglichkeiten geben sie abzustellen oder zu umschiffen. Für mich müssen Programme allerdings eingängig sein und auf Anhieb wenigstens grob das tun, was ich von ihnen erwarte. Deshalb hab ich mich nicht in die Untiefen ihrer Einstellungen und Dokumentationen begeben, um herauszufinden, wie das vielleicht gehen könnte.
Fazit:
Das Aussehen des Programms ist zwar nicht ultrafesch aber auch nicht abstoßend.
Das größte Manko ist die automatische Fokussierung der Knotenpunkte, sobald man mit der Maus über einen der Knoten kommt. Mir ist klar, dass das ein hilfreiches Werkzeug sein soll. Aber weil die meisten Funktionen nur auf dem aktuell ausgewählten Knoten funktionieren, ist es einfach sehr nervig, wenn der Fokus dauernd da hin rutscht, wo ich ihn gar nicht haben will. Ganz besonders bei großen Mindmaps stelle ich mir das sehr schwierig vor, dauernd einen Mausweg finden zu müssen, der an allen anderen Knotenpunkten vorbei führt, ohne sie zu berühren. Vielleicht gewöhnt man sich mit der Zeit an diese Funktion?
Positiv zugute halte ich dem Programm, dass es kostenlos ist und dass es sich seit meinem ersten Test enorm verbessert hat. Allerdings ist meine anfängliche Euphorie, was die Verbesserungen angeht, mittlerweile schon wieder arg geschwunden.
Mein persönliches Fazit: für mich ungeeignet.
Wenn du das Programm testen möchtest: Hier geht es zum Download.
Problemlösung
Vor ein paar Tagen erreichte mich eine E-Mail, die einige der von mir angesprochenen Probleme behebt. Mit freundlicher Genehmigung, möchte ich euch hier an den Lösungen teilhaben lassen:
1. Bestimmten Knoten markieren
Problem: Diese lästige Geschichte, dass sich die Knoten von alleine markieren, sobald man sie mit der Maus streift.
Lösung 1: Markiere den gewünschten Knoten, halte dann die Strg-Taste gedrückt, während Du mit der Maus über die Arbeitsfläche zu den gewünschten Menüpunkten navigierst. Die dabei eventuell gestreiften anderen Knoten werden nicht weiter beachtet.
Lösung 2: Man kann dieses Verhalten auch ganz ausschalten, so, dass Knoten nur noch per Mausklick ausgewählt werden:
Extras >> Einstellungen >> Verhalten >> Selektionsart >> Auswahlmodus „Durch Mausklick“ auswählen.
Danke an Stephan – der von Freeming ganz begeistert ist – für diesen Hinweis.
2. Exportgröße
Problem: Der Export findet nur in der erstellten Größe statt, nicht DIN-A4.
Lösung: Das lässt sich in der Seiteneinrichtung einstellen. Datei >> Seiteneinrichtung: Checkbox „Auf Seitengröße skalieren“ anklicken, dann auf „OK“ und anschließend kann die Seitenart DIN-A4 ausgewählt werden.
3. Zeilenumbruch bei langen Texten
Problem: Fehlender Zeilenumbruch bei sehr langen Texten.
Lösung: Im Menü unter Extras >> Einstellungen >> Standards >> Standard Schriftarten:Maximale Knotenbreite. Diesen Wert einfach so weit heruntersetzen, biss dir die Breite zusagt. Ein Programmneustart ist erforderlich, damit die Änderungen übernommen werden.
Diskussion
Hast du das Programm schon mal getestet? Was hältst du von Freemind? Würdest du es ausprobieren? Kennst du vielleicht eine Möglichkeit die kleinen „Mankos“ zu umgehen?
Um über neue Artikel gleich informiert zu werden, melde dich gleich bei meinem Newsletter an oder über den RSS-feed.