Heute eine Fortsetzung zu meiner Serie über Manuskriptkorrektur.
Wenn du deine Geschichte gerade erst fertiggestellt hast, dann ist das Manuskript wahrscheinlich mies – und das mit Absicht. Mies meint dabei nicht den eigentlichen Inhalt, sondern die Worte, Ideen und Zusammenhänge, die bisher auf dem Papier stehen.
Ich stelle mir das gerne als eine Patchworkdecke vor, die du mit viel Liebe zusammengestückelt hast. Und jetzt, am Anfang der Korrektur, hat sie noch ziemlich viele Löcher und Stellen, die nicht richtig passen.
Vor einer Weile habe ich einen Artikel darüber geschrieben, wie Plotlöcher zustande kommen, heute wollen wir sie stopfen.
Mach eine Liste
Bevor du deine Geschichte in die Hand nimmst, wollen wir als Erstes eine Liste aller offensichtlichen Plotlöcher machen. Wenn du meiner Empfehlung im eben genannten Artikel gefolgt bist, dann sollte bereits etwas Ähnliches existieren, aber selbst wenn sie schon existiert, ist sie noch nicht fertig.
Nimm dir also ein leeres Blatt Papier oder die begonnene Liste (falls bereits vorhanden), und setz dich mit deinem Zettel und einem Stift in deinen liebsten Sessel.
Jetzt schließ die Augen und schalte das Kopfkino ein mit Dolby Surround und 3D-Effekt. Lass die gesamte Geschichte noch einmal an deinem inneren Auge vorbei ziehen, aber nicht so wie du sie aufgeschrieben hast, sondern genau so, wie du sie gerne hättest.
Jedes Mal, wenn dir etwas in den Sinn kommt, was du so nicht in deiner ersten Version aufgeschrieben hast, was du vergessen hast oder was gestrichen werden müsste, machst du dir eine kurze Notiz auf deinem Zettel. Dabei ist es wichtig, dass du nur Stichpunkte machst, oder ganz kurze Sätze, gerade soviel, dass du nachher noch weißt, was du gemeint hast, aber nur so wenig, dass du nicht aus dem Flow gerissen wirst, und der Film vor deinem geistigen Auge gleich weiterlaufen kann.
Plotlöcher finden
Als Nächstes setzt du dich wieder an dein Manuskript und suchst nach den Stellen, nach den Löchern, die du gerade auf deine Liste geschrieben hast. Das musst du nicht chronologisch machen. Im Gegenteil, es macht sogar Sinn zuerst nach Stellen zu suchen, auf die du gerade Lust hast. Löcher, die Spaß machen, lassen sich leichter stopfen.
Plotlöcher flicken
Wenn du die Stelle gefunden hast, dann bessere das Loch aus, füge ein was fehlt, streiche weg was zu viel ist und ändere ab was falsch war. Der Trick dabei ist, dass du noch nicht wirklich anfängst, deine Geschichte zu lesen, oder zumindest nur so viel wie unbedingt notwendig ist, sonst verhedderst du dich leicht in Details.
Es geht in dieser Korrekturphase erst einmal darum, die richtig großen Lücken zu schließen, das muss noch nicht perfekt sein. Es ist völlig okay, wenn du bei weiteren Korrekturen über diese Stellen stolperst und sie umformulieren musst.
Es ist wirklich nur die Handlung, die im Augenblick im Mittelpunkt steht, die übergeordnete Logik, das große Ganze.
Neue Löcher
Es kann sein, dass dir beim Korrigieren weitere Plotlöcher auffallen. Gut so. Wenn sie sich an derselben Stelle befinden, an der du gerade korrigierst, dann flick sie schnell. Sind sie woanders, dann mach dir einen Punkt auf deiner Liste und beende zuerst den Flicken, mit dem du gerade beschäftigt bist.
Wenn du es nicht aufschreibst, dann kann es passieren, dass deine Gedanken die ganze Zeit um „das darf ich nicht vergessen“ kreisen, oder noch schlimmer, du gehst gleich zu der nächsten Stelle und vergisst das aktuelle Plotloch oder musst wieder zurückkommen. Das ist ineffizient und zeitraubend. Ein kleiner Stichpunkt auf der Liste, schon kannst du dich auf die aktuelle Stelle konzentrieren und später auf das neue Loch zurück kommen.
Schwarze Löcher
Es gibt einige Plotlöcher, die sind so groß, dass sie die ganze Geschichte aufzusaugen scheinen. Sagen wir dein Held hat einen magischen Gegenstand, gegen Ende der Geschichte ist dir dann aufgefallen, dass der ihn viel zu mächtig macht und dass es außerdem viel spannender wäre, wenn der Held ihn im vorletzten Kapitel erst noch finden müsste.
Das bedeutet, dass jede Szene, jeder Satz vor diesem Zeitpunkt, zu dem dieser Gegenstand nun gefunden werden soll, nachträglich geändert werden muss. Es ist ziemlich unmöglich, dass du dich im Nachhinein noch an jede einzelne Stelle erinnerst. Deshalb machst du dir einen neuen Zettel für „schwarze Löcher“ und legst ihn zur Seite für die erste Komplettkorrektur.
Denn das Plotlochstopfen wie wir es in diesem Teil der Korrektur durchführen ist nur für solche Fehler geeignet, die sich jeweils nur auf eine oder zwei Szenen beschränken. Also für Probleme, die leicht fassbar und einigermaßen schnell lösbar sind.
Wenn deine Plotlochliste lang ist, kann es zwar durchaus sein, dass du in fast jeder Szene etwas ändern musst, aber es handelt sich immer um eigenständige Fehler, gelegentlich mal um einen Folgefehler, aber du solltest noch nicht versuchen „schwarze Löcher“ zu flicken. Um die kümmern wir uns in einem der nächsten Schritte, denn um ihre ganze Tragweite zu erfassen und wirklich alles zu erwischen was dran hängt, musst du die ganze Geschichte lesen.
Formulierungen und so
Solltest du dabei schon anfangen „richtig“ zu korrigieren? Die Antwort ist ganz klar „Jein!“ Ich persönlich würde versuchen es zu lassen und so wenig wie möglich jetzt schon von deinem Text zu lesen, um die Autovervollständigung von deinem Gehirn nicht noch mehr zu füttern. Allerdings wird es nicht ausbleiben, dass du über falsche Satzzeichen, Tippfehler oder fehlende Worte stolperst. Wenn du sie findest, korrigiere sie schnell, aber lass dich nicht dazu verführen mittendrin weiterzulesen. Konzentriere dich auf dein eigentliches Ziel und bring diesen Teil der Korrektur so schnell wie möglich hinter dich.
Diskussion
Hast du schon einmal Plotlöcher gestopft? An welchem Punkt deiner Korrektur hast du das gemacht? Oder sind sie dir erst während des Lesens deiner Geschichte aufgefallen? Wie viele Plotlöcher können bei dir so im Laufe eines Romans entstehen?
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