Ich muss zugeben, in den vergangen Tagen des NaNo habe ich ein bisschen geflunkert.
Die nackte Wahrheit
Immer wenn ich vom NaNoWriMo berichtet habe, und wenn es um meine eigene Wortzahl ging, dann habe ich geschwindelt. Um genau zu sein, habe ich immer nur die Hälfte der Worte angegeben, die ich tatsächlich geschrieben habe.
Und das heißt, ich habe am Montag, den 17.11.2008 die 50.000 Worte-Grenze geknackt.
Nur mit hohen Zielen lernt man fliegen!
Das habe ich mir kurz vor dem NaNo gedacht. Dazu kam die Tatsache, dass man für den Heyne-Wettbewerb rund 100.000 Worte braucht, wenn man teilnehmen möchte.
Also habe ich nach den Sternen gegriffen, und für mich ganz alleine die Entscheidung getroffen, dass ich in diesem NaNo, nicht nur, wie letztes Jahr, teilnehmen möchte. Dieses Mal wollte ich gewinnen, unbedingt, und das Resultat sollte in überarbeiteter Fassung beim Heyne Wettbewerb eingeschickt werden. Also war mein persönliches NaNo-Ziel die 100.000 Wortegrenze.
Die Voraussetzungen brachte ich alle mit, ich hatte Zeit (ein absolut wesentlicher Faktor), ich hatte die Motivation und auch die Idee.
Warum hast du nichts gesagt?
Nun, ich könnte jetzt anführen, dass ich niemanden damit demotivieren wollte. Schließlich kann es runter ziehen, wenn jemand 3.500 Worte am Tag verfasst (Nein! Das habe ich nicht jeden Tag durchgehalten!), wo man selber 1.700 schreibt. Ich könnte auch sagen, dass ich nicht großkotzig oder übermütig erscheinen wollte. Es würde auch beides der Wahrheit entsprechen.
Aber der eigentliche, und für mich sehr viel wichtigere Grund war, dass ich Angst hatte zu versagen. Wie steh ich denn da, wenn ich es am Ende nicht schaffe?
Lieber mit einem „Ich hab die 50.000 geschafft“ als Held da stehen, als mit nicht ganz 100.000 Worten im Selbstmitleid versinken, oder? Deshalb möchte ich mich auch nicht entschuldigen, ich bin überzeugt, das kanst du gut verstehen.
Ziel erreicht und doch verloren
Tja und am Montag habe ich es dann geschafft, ich habe die 50.000 Wortegrenze erreicht. Wunderbare Glücksgefühle hätten mich durchströmen sollen, ich war ja immerhin, absolut im grünen Bereich.
Nur einen Schönheitsfehler hatte die Sache doch, … die Geschichte war schon zu Ende.
Ende absehbar
Dass die Geschichte zu kurz sein würde, hab ich schon mitte der letzten Woche bemerkt, das hat mich verdammt gehemmt. Ich hab mich darüber geärgert, dass ich mein Ziel nicht würde erreichen können. Ich hab dutzende von Möglichkeiten erwogen, wie ich doch noch auf die 100.000 Worte kommen könnte.
Davon waren noch die Erfolgversprechendsten:
1. Das Ende hinaus zögern
Keine Chance, die Handlung hatte sich schon so weit verdichtet, dass der „Endkampf“ einfach nicht mehr mit einer glaubhaften Methode abzuwenden war.
2. Nebenhandlungen einbauen
Ohne alles Andere zu überarbeiten? Im Leben nicht. Gerade das ist aber im November verboten. Außerdem gab es keine Nebenhandlungen oder Charaktere, die genug Potential geboten hätten. Sicher hätte ich lose Enden hinzufügen können, Handlungsstränge die sich im Nichts verlaufen. Aber genau das sind die Bücher, die ich selbst auf den Tod nicht leiden kann, und dann absichtlich so was schreiben??? Nee!
3. Neue Charakter einführen
Ähm, … meine Geschichte bestand zu dem Zeitpunkt mitlerweile aus mehr als zehn, mehr oder weniger, wichtigen Charakteren von denen drei im Zentrum der Handlung stehen. Mit noch mehr hatte ich das Gefühl nicht nur den Leser, sondern auch mich selbst zu überfordern. Außerdem war die Handlung schon komplex genug, da noch jemanden hereinzufriemeln würde entweder sehr komplex, oder unglaubwürdig. Außerdem, … ich war doch diejenige, die sich bei „Elfenwinter“ immer darüber beschwert hat, wenn es nicht um Elfen, sondern um Trolle ging.
4. Aufgeben
Öhm, .. nach all den Strapazen, dem großen Aufwand für Plot und Schreiben selbst? Niemals!
5. Es einfach darauf ankommen lassen
Tja, und das ist es, was ich am Ende getan habe, oder viel mehr versucht habe. Ich hab es drauf ankommen lassen um zu sehen, was die Geschichte von selbst noch so her gibt und wenigstens die 50.000 Worte zu schaffen.
Ich will kein Ende
Und an dieser Stelle hat sich das Biest hinter meinem linken Ohr wieder gemeldet, es war so lange still geblieben. Ich hatte irgendwie Gamaschen davor, das Ende zu schreiben. Ich weiß bis jetzt nicht genau warum, schließlich hatte ich mich damit abgefunden, dass die Geschichte keine 100.000 Worte lang sein würde. Warum also zaudern?
Rückblickend würde ich sagen, dass ich Schiss hatte, das Ende könnte nicht funktionieren. Es hätte ja sein können, dass ich nicht da ende wo ich hin will. Aber die Angst war unbegründet, alles hat sich so zusammengefunden wie geplant, ich hab auch ein bisschen Kitsch verstreute und das Ganze mit einer Art Epilog garniert, aber insgesamt habe ich (laut Open Office Writer) 50.005 Worte geschrieben (laut dem yWriter sind es 50.310).
Und weißt du was, ich bin verdammt stolz drauf!
50 oder 100, was soll’s?
Nun, das Problem ist, dass ich mit dieser Geschichte nicht beim Heyne-Wettbewerb teilnehmen kann. Aber durch den NaNo hab ich eine Menge gelernt, über das Schreiben und auch über mich (mehr dazu in einem späteren Artikel). Das werde ich nutzen um mich gleich an das nächste Projekt zu setzen und richtig reinzuklotzen, um es bis Februar zu schaffen, wenigstens die ersten 100 Seiten so weit fertig zu bekommen, dass ich sie einschicken kann.
Jetzt du!
Ich hatte ein bisschen Schiss, dass dieser Artikel vielleicht jemanden demotivieren könnte, nach dem Motto „Aber ich hab erst so wenig *seuuuufz*“, weil nach freakingmuse Erfolgsmeldung, die Stimmung ein wenig in diese Richtung schwappte. Aber, bei all den Zahlen musst du bedenken, dass ich quasi den ganzen Tag Zeit zum schreiben hatte. Den Haushalt und alle anderen Pflichten, habe ich in dieser Zeit so weit wie möglich reduziert. Wenn du also noch nicht so weit bist, dann ist das auch völlig okay.
So, und jetzt, wo du gesehen hast, dass es schaffbar ist, nimm dein Keyboard in die Hand und mach es mir nach. Es gibt gute und es gibt weniger gute Tage, es gibt sogar Tage, an denen gar nichts geht, es gibt Hürden und Stolpersteine, es gibt Enden die zu früh kommen und Charaktere die einfach nicht sterben wollen. Aber weißt du was? Das Alles ist gar nichts gegen den eisernen Willen und den unbesiegbaren Wunsch es zu schaffen.
TSCHAKKAAA!
Du schaffst das!!!
Die Diskussion geht weiter, im NaNo-Word-War der Schreibwerkstatt.
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