Als ich gerade noch einmal über meine erste Rezension von Bis(s) (ja es wird noch eine Zweite geben) nachgedacht habe, fiel mir zum zweiten Mal auf, dass die Charaktere eigentlich den ganzen Tag lang gar nichts tun.
Das brachte mich dazu, ein wenig genauer über die Freizeit von Buchcharakteren nachzudenken. Was machen die eigentlich so? Brauchen sie Freizeit? Und wenn ja, wie viel sollte der Autor darüber wissen?
Wozu Freizeit?
Bei Stephenie Meyer ist das ziemlich eindeutig, sie machen gar nichts. Der einzige Charakter, der ein Hobby hat, ist Jakob. Und wie sich aus den Reaktionen auf meine Rezension zeigte, haben sehr viele ihn als besonders „attraktiv“ empfunden. Attraktiv im Sinne von dreidimensional und nachvollziehbar. Ich denke, das lag zum Großteil daran, dass er eben auch dann ein Leben gehabt hätte, wenn er nicht zufällig in dieser Geschichte gelandet wäre.
Die meisten anderen Charaktere dagegen existierten nur um ihrer Existenz willen. Nehmen wir Bella, die Protagonistin. Wenn ich mir einen ganz normalen – Edward freien – Tag bei ihr vorstellen müsste, dann würde sie zur Schule gehen, Hausaufgaben machen, ihrem Vater das Essen kochen und schlafen gehen (zwischendurch würde sie vielleicht noch einen Unfall haben). Einen Tag lang mag das vielleicht funktionieren, eine Woche vielleicht auch. Aber Monate oder sogar Jahre lang, wird ihr Leben sicher nicht so aussehen.
Wie sieht es mit dir aus?
Sieh dir einfach mal dein eigenes Leben an. Besteht das nur aus Arbeit (respektive Schule) und schlafen? Wohl eher nicht. Selbst wenn du unter der Woche nicht besonders viel Zeit für andere Dinge hast, wirst du am Wochenende sicher etwas Zeit für dich selber finden, etwas Spaß haben.
Außerdem gibt es Dinge, die dich interessieren, ganz egal ob es Politik, Musik, Pferde, Essen, Sport, Klamotten, Freunde, Bücher, Kochen oder sonst irgendetwas ist. Du hast Vorlieben, du hast Neigungen, du hast Wünsche, Bedürfnisse, Träume und Ängste. All diese Dinge machen dich aus, machen dich zu dem, was du bist, machen dich lebendig.
Was ist ein Charakter, der nichts von all dem hat? Seelenlos.
Was machen deine Charaktere eigentlich in ihrer Freizeit?
Genau diese Frage solltest du dir in jedem Fall stellen, wenn es an die Charakterentwicklung geht. Wer ist dein Charakter oder wer war er, während er noch nicht in den sonderbaren Ereignissen steckte, die deine Geschichte ausmachen? Was mag er, was kann er nicht leiden, wofür interessiert er sich, was sammelt er, was findet er abstoßend, was zieht ihn an? Und vor allem: Was tut er in seiner Freizeit?
Noch mehr Fragen zu diesem Thema habe ich schon in einem Teil der Charakterentwicklung über die Einstellung deines Charakters aufgeworfen. Wenn du dir darüber ausführliche Gedanken gemacht hast, solltest du deinen Charakter auch unbedingt einmal in seinem Alltag testen.
Musst du alles wissen?
Musst du jede Kleinigkeit wissen, die deine Charaktere in ihrer Freizeit so veranstalten? Wer diesen Blog häufiger liest, weiß sicher, dass ich selbst der Meinung bin, dass es besser ist zu viel, als zu wenig über deinen Charakter zu wissen. Welchen Teil davon du deinem Leser unter die Nase reibst, ist dann nochmal eine ganz andere Frage.
Aber auch, wenn du der Meinung bist, dass du nicht jede Kleinigkeit kennen musst, ist es doch wichtig über die großen, die wichtigen Dinge bescheid zu wissen. Wenn dein Charakter 5 Stunden täglich Klavier übt, um Pianist zu werden, dann ist das auf jeden Fall etwas, was du und wohl auch der Leser wissen solltest.
Im Endeffekt ist es wie bei allen Dingen: Du musst deine eigene goldene Mitte finden.
Diskussion
Was sind deine Hobbys? Was machen deine Charaktere in ihrer Freizeit? Hast du dir früher schon darüber Gedanken gemacht? Wenn du über alle Geschichten nachdenkst, die du je gelesen hast, haben dir dann die Charaktere mit oder ohne Hobbys besser gefallen, oder hatte das gar keinen Einfluss?
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