Ich stecke fest – schon wieder.
Die letzten zwei drei Tagen waren ätzend, ich war festgefahren, und weil mir das ja schon häufiger passiert ist – wie ich z.B. in „Festgefahrene Probleme“ schon berichtet habe – habe ich beschlossen: Jetzt ist Schluss mit Lustig.
Hier also die sieben gängigsten Methoden, wie du (ich) aus solchen Sackgassen wieder herauskommst.
Gemeint sind natürlich solche Sackgassen, die während des Schreibens auftreten, wo du einfach nicht weiter weißt. Sie sind seltener, wenn du ausführlich geplottet hast, kommen aber selbst dann vor, weil Geschichten immer einen gewissen Grad an Eigendynamik behalten.
1. Vollgas zurück
Eigentlich auch die intuitive Lösung. Kommt vor dir eine Wand, dann dreh um und probier einen anderen Weg. Benutz die „Rückspulen-Taste“. Damit habe ich mein neuestes Problem gelöst.
Ein Charakter fing an nachzudenken, er sollte ein Rätsel lösen also dachte er und dachte er, aber er hatte einfach noch nicht genug Informationen, um auf die Lösung kommen zu können. Ich hab über einen Tag lang an dieser Situation herumgegrübelt, bis mir klar wurde, dass er an dieser Stelle überhaupt nicht darüber nachdenken muss. Also zurückgespult, langweiliges Rumgedenke gelöscht, Charakter einen anderen Weg einschlagen lassen, Problem gelöst.
2. Durch die Wand
Manchmal liegt es auch daran, dass die Situation im Allgemeinen festgefahren ist, zwei Ganoven stehen sich gegenüber und jeder hält eine Waffe auf den Kopf des anderen gerichtet. Ziemlich festgefahren, wenn einer schießt sind beide tot. Dummerweise ist auch gerade kein Nebencharakter in der Nähe, der in den Raum stolpern könnte, eine ziemlich verzwickte Situation. Und jetzt?
Mach etwas Unerwartetes. Lass einen der Charaktere hysterisch lachen, wobei er die Waffe sinken lässt, jetzt ist der andere komplett verwirrt, nimmt auch die Waffe runter und schon gibt es Platz für einen Nahkampfangriff, ein Gespräch oder was immer dem Charakter der beiden Widersacher entspricht.
Manchmal sind es gerade die unerwarteten Dinge, die weit hergeholten, die eine Situation entkrampfen und etwas gänzlich Neues schaffen.
3. Szenen-Hopping
Du kommst in der aktuellen Szene nicht weiter, das liegt mit einiger Wahrscheinlichkeit daran, dass du schon weißt, was in einer späteren Szene passieren soll, du aber keine Ahnung hast, wie du beides verbinden kannst. Also machst du das, was im Augenblick am einfachsten ist, du drückst dich. Tu so, als hättest du die Szene deinen Wünschen nach beendet (wie vage die auch immer sein mögen) und schreib einfach die nächste Szene.
Das kann unter Umständen auch nicht ganz einfach sein, weil du meist ein paar Infos aus der vorangehenden Szene brauchst um richtig weitermachen zu können. In vielen Fällen geht es auch einfach nicht. Aber allein durch das Nachdenken über die nächste Szene sind mir schon gute Einfälle für das aktuelle Problem gekommen.
Außerdem klappt das „Vorschreiben“ selbst mit fehlenden Infos recht gut, wenn du an den entsprechenden Stellen eben erst einmal vage formulierst, um es dann – nach Schreiben der vorangehenden Szene – zu differenzieren.
4. Die Perspektive wechseln
Wenn es an einer Stelle nicht weiter geht, dann kann es unter Umständen sein, dass das der Fall ist, weil du den Rest der Geschichte – das Drumerhum – ein bisschen aus den Augen verloren hast. Also wechsle die Perspektive.
Wenn du deine Geschichte aus mehreren Sichtweisen schreibst, dann ist das „Perspektive Wechseln“ durchaus wörtlich zu verstehen. Lass den einen Charakter einfach in der Luft hängen und mach bei einem Anderen weiter. Unter Umständen findest du dabei Dinge heraus, die dir weiterhelfen und die du später in der aktuellen Sackgasse benutzen kannst, um doch noch ein sinnvolles Ende für diese Szene zu finden.
Wenn du deine Geschichte nur aus einer Sichtweise schreibst – oder wenn ein Sichtweisenwechsel gerade nicht in Frage kommt – dann wechsle die Perspektive trotzdem, aber nur für dich. Denk dir eine Szene aus – oder noch besser: Schreib sie auf – die dein Leser niemals zu sehen bekommt. Schreib aus der Sicht des Antagonisten, des Nebencharakters, der gerade in der Szene vorkommt, eines vorbeifliegenden Vogels oder eines Steuerbeamten auf der anderen Seite der Erdkugel, was dir gerade in den Sinn kommt.
Vielleicht hat das auf den ersten Blick nichts mit der aktuellen Situation zu tun, aber dein Unterbewusstsein wird sich weiter mit dem eigentlichen Problem beschäftigen und früher oder später eine Verbindung herstellen. Und falls nicht? Egal, dann hast du eine nette Idee für eine andere Geschichte entdeckt 😉
5. Darüber schlafen
Klingt wie ausweichen und diese Methode solltest du auch nicht zu oft anwenden, zumindest nicht zu oft hintereinander. Aber wenn du an einer Stelle gar nicht weiter kommst, dann leg die Geschichte zur Seite und verbring den Rest des Tages damit immer mal wieder über die Szene nachzudenken. Dabei ist es wichtig, dass du dich nicht mit Gewalt zwingst.
Du wirst höchstwahrscheinlich nicht plötzlich auf eine geniale Lösung stoßen, also setz dich nicht unter Druck. Arbeite, geh einkaufen, denk die meiste Zeit gar nicht daran. Aber wenn du ein paar Minuten Zeit hast, in der Schlange in der Cafeteria, beim Supermarkt an der Kasse, während das Wasser anfängt zu kochen, denk locker darüber nach, was für Möglichkeiten es geben könnte – erwäge insbesondere die anderen Punkte aus dieser Liste.
Abends (ganz wichtig), legst du dir dann Stift und Papier oder (noch besser) ein Diktiergerät neben dein Bett und legst dich schlafen. Wenn du möchtest und es sich wie Spaß anfühlt, darfst du weiter über die Geschichte nachdenken, wenn es dich quält, dann denk auf jeden Fall an etwas ganz anderes.
Denk dir eine Liebesgeschichte aus, einen Alienangriff, oder einfach etwas völlig Anderes, plane deinen nächsten Tag, den Sommerurlaub oder denk an gar nichts. Mach einfach genau das, was du immer tust um einzuschlafen. Und dann werden sie ganz von alleine kommen, die Ideen, meistens ganz kurz, bevor du einschläfst, in diesem Dämmerzustand zwischen Schlafen und Wachen, in dem es ganz fürchterlich schwer ist, nach dem Stift zu greifen und die Idee auch wirklich aufzuschreiben. Aber egal wie schwer es dir auch fällt, schreib sie auf, egal wie kraklig, egal wie ungenau, dein Hirn wird diesen Anker brauchen, wenn es sich am nächsten Morgen an den Geistesblitz erinnern soll.
6. Deus Ex Machina
Die Hand Gottes. Das bedeutet, du als Autor greifst in das Geschehen ein um es aufzulösen. Bei den Ganoven aus dem Beispiel oben könnte das ein Felsbrocken sein, der von der Decke stürzt und einen der Beiden tötet, es könnte eine Ladehemmung sein, genau wie die gute Fee die aus dem Nichts auftaucht und einen Wunsch erfüllt.
Dieses Werkzeug ist ganz besonders mächtig und gerade deshalb mit Vorsicht zu genießen. Du solltest es nur im absoluten Notfall einsetzen! Denn wenn du es zu häufig benutzt, dann wird dein Leser sich daran gewöhnen. Er wird keinerlei Spannung mehr empfinden, wenn eine brenzlige Situation eintritt, weil er ja weiß, dass du – der Autor – die Charaktere da wieder irgendwie rettest, ob sie jetzt wollen oder nicht.
Wenn also irgendwie möglich, dann lass es die Charaktere sein, die sich selbst aus der Sch***e ziehen.
7. Testfahrt gefällig
Das Tolle ist, du musst dich nicht im Vorfeld für einen Lösungsweg entscheiden. Probier aus, probier alles aus, was dir einfällt, egal wie abstrus es erscheinen mag. Lass einen der beiden Ganoven schießen, lass einen lachen, nutz die Rückspul-Taste, verwende die Hand Gottes, lass einen neuen Charakter in die Szene brettern, lass einen Charakter die Waffe senken, … probier so lange aus, bis dir eine Lösung zusagt. Probier es nicht nur in deinem Kopf aus, schreib es hin, schreib die verschiedenen Varianten auf und am Ende wird dir ganz klar sein, welche du benutzen musst, welche zum Verlauf der restlichen Geschichte am besten passt.
Selbstversuch
Bevor ich diesen Artikel geschrieben habe, habe ich Punkt 5 (darüber schlafen) im Selbstversuch getestet, was ein ziemlich verschlafenes (aber äußert geniales) Gemurmel auf meinem uralten Diktiergerät zur Folge hatte. Heute habe ich also zu meiner Freude wieder einmal sehr enthusiastisch geschrieben (entgegen den letzten zwei Tagen, in denen ich mich gedrückt habe, weil ich nicht wusste, wie es weiter gehen sollte und mir so ein Ratgeber gefehlt hat :P).
Allerdings bin ich beim Aufschreiben erneut in eine Sackgasse geraten und habe ohne groß darüber nachzudenken Trick 3 (Szenen-Hopping) angewendet, was mir erst im Nachhinein aufgefallen ist. Hat wunderbar funktioniert. Nach ein paar Absätzen „in der Zukunft“ hatte ich wieder Lust und Ideen für die eigentliche Szene. Mittlerweile bin ich etwa fünf Szenen weiter und schon fast „in der Zukunft“ angekommen, es macht immer noch Spaß.
Diskussion
Was machst du, wenn du nicht weiter weißt? Hast du einen der Tricks schon einmal ausprobiert? Hat er dir geholfen und wenn ja wie, bzw. wie hast du ihn abgeändert oder was hat dir missfallen?
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