Heute mal ein etwas anderer Beitrag. Und zwar, war ich Anfang Juni auf der Loveletter Academy (30.+31.Mai) und Convention (1.+2.6.) und möchte dir heute ein bisschen darüber erzählen, warum solche Events klasse sind und was ich dabei gelernt habe.
Viel Spaß ☺️
Was ist die LoveLetter Academy?
Ein Ort an dem Autoren, Verlage und Dienstleister aus dem Schreibsektor zusammenfinden. Letztes Jahr war ich zum ersten Mal dort und war (unter anderem) begeistert von dem Selfediting-Workshop von Nalini Singh. Auch dieses Jahr habe ich mir wieder angeschaut, was es zu lernen gibt und viele interessante neue Menschen kennengelernt.
Da hast du übrigens auch direkt in kurz und knackig die beiden Gründe, weshalb ich solche Events ganz warm empfehle:
- Neue Kontakte knüpfen/Alte Kontakte pflegen.
- Neue Dinge lernen/Alte Dinge auffrischen.
Die Kontakte kann ich dir natürlich nicht vermitteln, deshalb rate ich dir, in deinem eigenen Genre ähnliche Veranstaltungen zu besuchen (schreib mir doch in die Kommentare, was du schon kennst oder was du ausprobieren möchtest). Bis es so weit ist, erzähle ich dir hier ein bisschen von dem, was ich aus den einzelnen Workshops mitgenommen habe. Dann kannst du am Ende selbst entscheiden, ob das auch für dich etwas wäre.
Tag 1 – Donnerstag
Figurenentwicklung
Als erstes habe ich eine Session zum Thema Figurenentwicklung bei Olaf Bryan Wielk (von beemgee.com) besucht.
Ein interessanter Denkansatz daraus: Jede Geschichte ist eine „Fish out of Water“-Geschichte, das heißt, der Protagonist wird aus seiner normalen Welt heraus gezwungen und erlebt innerhalb der Geschichte (meistens) eine Bewusstseinsveränderung. Dabei offenbart er für den Leser langsam alle seine Schichten (gute Charaktere haben immer Schichten).
Außerdem gab es eine sehr interessante Interpretation für das Wort Prämisse.
Die Prämisse ist der „Geschichtenablauf“
Vielleicht ist die Prämisse sogar noch eher der „Geschichtentreibstoff“ und wird dreigeteilt:
- Die Figur lebt in einer bestimmten Welt – Setting => Das Goldfischglas
- Die Figur hat ein oder zwei markante Merkmale (Job, Archetyp, Rolle in der Gesellschaft, usw.) => Der Fisch
- Die Figur *bekommt* ein Problem => Die Störung
Diese Interpretation des Wortes war zum ersten Mal etwas, das ich richtig greifen konnte und hat mir sehr gefallen.
Übersetzung
Ich überlege ja schon länger, ob und wenn ja wie ich in den amerikanischen Markt vordringen möchte. Deshalb habe ich mir als nächstes den Workshop von Jeannette Bauroth (von read-eat.de) ausgesucht, mit dem Thema „Übersetzen ja oder nein?“
Hier ein paar Fragen, die sich jeder stellen sollte, der ebenfalls über dieses Thema nachdenkt:
- Ist mein Buch geeignet?
Schauplatz, Figurennamen, Autorenname, Genre, Inhalt – passt das alles zum amerikanischen Markt? Und wenn nicht, lässt sich das (einfach) ändern? - Habe ich genügend Zeit und Mittel?
Eine professionelle Übersetzung dauert ca. 2-3 Monate und kostet um die 0,10€ pro Wort. - Wer übernimmt die Übersetzung?
Hast du eine verlässliche Quelle? Wichtig ist, dass der Übersetzer Muttersprachler ist. Und kümmern die sich gleichzeitig um das Lektorat (Line-Editing) und das Proof-Reading? - Wie kommt mein Buch in Leserhände?
Auf dem amerikanischen Markt gibt es noch mehr Konkurrenz als in Deutschland, „einfach nur hochladen“ bringt nichts. Jede Übersetzung erzeugt so viel Arbeit wie ein neues deutsches Buch. - Wie geht es danach weiter?
Ein Erfolg auf dem amerikanischen Markt ist eine super Sache, aber nur dann, wenn du auch nachlegen kannst. Nichts ist schlimmer, als eine Nachfrage, die du nicht decken kannst.
Sexszenen
Der dritte und letzte Workshop an diesem Tag fand konkurrenzlos statt. Umso neugieriger war ich, was geboten wird.
Hier ein paar interessante Tipps, die ich für mich mitgenommen habe:
- Um die „Hotness“ einer Geschichte abzuschätzen: Lösche alle Szenen, in denen das Paar *beschäftigt* ist. Wie viel Geschichte bleibt übrig?
- Anschließend kannst du die gelöschten Szenen nebeneinander anschauen und prüfen, ob eine Entwicklung stattfindet oder sind sie vielleicht zu ähnlich?
- Liebesszenen sind keine Gebrauchsanleitungen. Benutze also keine klinischen Begriffe aber auch keine lustigen Wörter wie „Liebesprügel“.
Von mir noch die ergänzende Frage: Trägt die Szene zur Geschichte bzw. zur Entwicklung der Charaktere bei? Und passt sie zum Rest?
Tag 2 – Freitag
Plottest du noch oder schreibst du schon?
Am nächsten Tag hatte ich eine Menge Spaß mit Poppy J. Anderson und Annie Stone in ihrem Workshop „Plottest du noch oder schreibst schon?“ Jede Zweiergruppe bekam fünf Karten, mit denen eine Geschichte entwickelt werden sollte. Sagen wir einfach, aus einem Stripper, einer Kleinstadt in Texas, der Polizei und einem Gefängnis lässt sich eine sehr lustige Liebesgeschichte entwickeln.
Plotentwicklung
Hier ging es nach der Figurenentwicklung von gestern weiter mit Olaf Bryan Wielk (von beemgee.com). Diesen Workshop zusammenzufassen, fällt mir sehr schwer, weil der Stoff sehr umfassend war. Wir haben über das 7-Punkte-System, 3-Akt-Struktur und generell wichtige Punkte innerhalb von Geschichten unterhalten. Ich hab für mich daraus wieder mitgenommen, dass die meisten Plot-Entwicklungs-Strukturen eher ein Werkzeug sind, um sich dem Plot anzunähern bzw. um ihn im Anschluss zu kontrollieren und zu korrigieren. Nichts, an das man sich dogmatisch halten muss.
Ein weiterer sehr interessanter Punkt, was die emotionale Reise des Leser innerhalb der Geschichte betrifft:
Wir können nur Glück empfinden, wenn wir Trauer kennen (und umgekehrt). Also müssen wir den Leser traurig machen, für ein gelungenes Happy End und glücklich für ein berührend tragisches Ende.
Figurenentwicklung
Zu guter Letzt noch ein weiterer Workshop zum Thema Figuren-Entwicklung, diesmal mit Julie Cohen und sehr praktisch ausgerichtet. Sie hatte einige sehr interessante Übungen dabei, um sich Charakteren anzunähern.
Und noch ein cooler Tipp (den ich an diesem Wochenende häufiger gehört habe):
Fiktion ist immer besser als das reale Leben und zwar besser, in dem Sinne, das alles, was du dem Leser über die Charaktere und die Handlung mitteilst, eine Bedeutung hat. Dabei kannst du Klischees benutzen, um schnell und einfach einen Punkt zu machen oder du kannst sie brechen um einen überraschenden Effekt zu erzielen.
Übungen:
- Erzeuge einen zufälligen Charakter:
- Wähle zufällig zwei Buchstaben aus dem Alphabet als Anfangsbuchstaben für Vor- und Nachname.
- Wähle eine zufällige Zahl zwischen 5 und 100 als Alter.
- Wirf eine Münze für das Geschlecht.
- Beschreibe deinen Charakter und verwende dabei die Worte: Gelb, Stern und Erinnerung. Benutze dabei alle Sinne.
- Schreib über deinen Charakter, wie er einen Raum betritt und ein Objekt in die Hand nimmt (Beschreibung durch Aktion).
- Erzeuge einen Konflikt (intern und extern); Wähle einen inneren Konflikt/eine Wunde/einen Makel für deine Figur.
Wie muss sie sich ändern? - Tu so, als wärst du der Charakter, schreib eine Szene aus der Ich-Perspektive und in der Gegenwart. Was geht in ihrem Kopf vor? (Du wirst diesen Text vielleicht nicht für die Geschichte benutzen können, aber er wird dich deinem Charakter näher bringen.)
Fazit
Natürlich gab es da noch viel mehr, für das in einem Blogartikel nicht genug Platz ist. Aber ich hoffe, ich konnte dir ein paar interessante Denkanstöße mitgeben. ☺️
Tag 3 + 4 – Samstag und Sonntag
Am nächsten Tag ging es gleich weiter mit der Loveletter Convention.
Was ist die Loveletter Convention?
Die LLC ist ein Schmelzkessel für Influencer, Autoren und Leser. Im Gegensatz zur Academy liegt der Fokus hier also nicht auf dem Schreiben und Veröffentlichen von Geschichten, sondern auf dem Kontakt von Leser zu Autor und umgekehrt.
Natürlich ist das auch auf den großen Buchmessen der Fall, aber im Gegensatz zu Frankfurt und Leipzig verläuft sich in Berlin nicht alles in riesigen Hallen. Im Gegenteil, die Teilnehmer haben die Gelegenheit, sich auf engstem Raum zu begegnen, zu unterhalten und kennenzulernen. Außerdem gibt es einen entscheidenden Vorteil: Alle anwesenden sind Liebesroman-Liebhaber – per Definition. Das heißt, es ist vorher sicher, dass sich Gleichgesinnte treffen. ☺️
Natürlich könnte ich dir jetzt im Detail erzählen, was für Veranstaltungen ich wann hatte, aber weil dich das wahrscheinlich weniger interessiert, sage ich dir lieber, welche Arten von Veranstaltungen es gab und vielleicht inspiriere ich ja dich dazu, etwas ähnliches zu machen – entweder auf Buchmessen, über deine Social-Media-Kanäle oder in deiner lokalen Buchhandlung
Lesung
Ganz klassisch. Der Autor sitzt vorne und liest aus seinen Geschichten vor. Von mir gab es sogar eine exklusive Premieren-Lesung zu meinem neuesten Roman.
Ich liebe Lesungen, vor allem vor „echtem“ Publikum. Es macht unheimlich Spaß zu sehen, wie Leser direkt und ungefiltert auf einen Text reagieren, den ich geschrieben habe. So super ☺️
Q&A
Hier sitzen zwei Autoren auf der Bühne und sind offen für Fragen. Diese Runden können sehr unterschiedlich ausfallen, je nachdem wie viel Publikum anwesend ist und wie engagiert die Leser sind. Aber selbst in einer kleineren oder recht stillen Runde können diese Q&As sehr interessant werden, wenn sich die Autoren gegenseitig befragen, über ihren Alltag, ihre Geschichten und ihre Pläne. Ich finde das immer wieder spannend und sehr inspirierend.
Panel/Round-Tabel
Der Haupt-Unterschied zwischen beiden ist wohl die Größe des Raumes, in dem sie abgehalten werden. Hier sitzen mehrere Autoren und/oder Lektoren/Agenten auf der Bühne und unterhalten sich unter Anleitung einer Moderation über ein vorgegebenes Thema.
Ich habe diesmal übrigens gleich zwei Panels moderiert, einmal zum Thema „Liebesroman-Trends in den USA“ (eine ausführliche Zusammenfassung findet ihr hier bei Jeannette, sie hat auch das Panel zu deutschen Trends zusammengefasst).
Ich mag es am liebsten, wenn diese Diskussionen ein Eigenleben entwickeln und eine echte Diskussion daraus entsteht, die im besten Fall auch noch das Publikum mit einbezieht. Solltest du einmal Moderator spielen, ist mein Tipp:
- Bereite einige Fragen vor, um die Diskussion zu starten und um wieder Gesprächsstoff zu finden, falls es eine Flaute gibt.
- Hab keine Angst, das Publikum einzubinden.
- Am schönsten ist es, wenn sich eine Unterhaltung zwischen den Teilnehmern (und dem Publikum) entwickelt, geh auf die Richtung ein (solange sie zum Panel-Thema passt) und lass dich selbst überraschen ☺️
Workshop
Hier bereitet ein Autor ein (meist selbst gewähltes Thema) vor und hält einen kleinen Vortrag, manchmal auch in Zusammenarbeit mit Kollegen. Häufig gibt es Slide-Shows oder Mitmach-Aufgaben, gelegentlich sogar Gesangseinlagen, und nicht selten wird auch vorgelesen.
Ich hatte diesmal übrigens einen Workshop zum Thema „zu Hause fühlen“ und hab es mir mit den Teilnehmern bei Kaffee und Schokolade gemütlich gemacht, während wir uns darüber unterhalten haben, wie, wann und wo wir uns am wohlsten fühlen. ☺️
Blind Date
Die Leser, die sich hierfür anstellen, wissen vorher nicht, wer sie erwartet. Sobald sich die Türen öffnen, werden ca. 5 Leser an einen Tisch gesetzt und die anwesenden Autoren wechseln alle 15 Minuten von einer Gruppe zur anderen, mit jeweils einem Autor pro Tisch.
Ich liebe diese kleinen Runden, weil eigentlich immer ein spannendes kleines Gespräch entsteht.
Fazit
Diesmal war ich fast vollständig ausgebucht, aber es hat wieder unheimlich viel Spaß gemacht und ich freue mich über jeden einzelnen neuen Kontakt, den ich knüpfen durfte und über die alten, die ich erneuern konnte.
Es war unheimlich toll und unheimlich anstrengend und ich hab fast eine Woche gebraucht, um mich zu erholen. Jetzt bin ich wieder zurück, voller Elan, mit vielen Bildern und Erinnerungen und bereit, ins neue Abenteuer zu warten: die nächste Geschichte.
An dieser Stelle ein ganz dickes Lob und Dankeschön an Katrin Graßmann und Kris Hohls, die jedes Jahr wieder ein unglaublich tolles Event auf die Beine stellen.
Falls du jetzt Lust auf die Loveletter Convention bekommen hast, dann schau doch mal vorbei:
Ich hoffe, es war in diesem Artikel auch für dich etwas dabei, das du lernen konntest und falls ich es noch nicht deutlich genug gesagt habe:
Du bist dran:
Genre-Events sind genial. Such dir eins in deinem Genre und knüpfe neue Kontakte, lerne neue Dinge und wirf dich hinein in die Welt der Schreiberei!
Oder hast du schon ein Event besucht? Welches war es? Wie hat es dir gefallen? Würdest du wieder hingehen? Welches besuchst du als Nächstes?
Samuel meint
Hallo Jacky,
Ich habe mich sehr über diesen Blogeintrag gefreut und auch wieder einiges gelernt, das ich umsetzen werde. Und ich bin jetzt auch motiviert, mich wieder hinter mein Projekt zu setzen
Mir selbst ist es momentan aus mehreren Gründen nicht möglich, so eine Veranstaltung zu besuchen, aber ich hoffe, dass wird sich in wenigen Jahren ändern.
Jedenfalls danke, dass du deine ganzen Erfahrungen mit uns teilst
Liebe Grüße, Samuel
Susanne meint
Hi Jacky
Das klingt ja super. Ich bin ein bisschen neidisch über die tollen Infos und Kontakte, die du bekommen konntest 🙂
Eine Frage: in welcher Sprache findet das Ganze denn statt?
liebe Grüße
Susanne
Jacky meint
Hi Susanne,
die Mehrheit der Workshops wurde auf Deutsch gehalten, da auch die meisten Besucher deutsch sprechen. Einzige Ausnahme ist (offensichtlich ) wenn derjenige, der den Workshop hält, kein Deutsch spricht. So war zum Beispiel der Workshop von Julie Cohen auf Englisch, genau wie der von Nalini Singh im letzten Jahr.
Das wird im Programm vorher angekündigt, sodass du dir (auch) entsprechend deiner Sprachkenntnisse die Workshops aussuchen kannst.
Ganz liebe Grüße
Jacky
Marianne meint
Hallo Jacky,
herzlichen Glückwunsch zu Deinen Erfolgen.
Mein erster Roman – ein Krimi, kein Liebesroman – ist jetzt auch endlich veröffentlicht und ich habe schon einige Lesungen gehabt. Ich bekomme viel Zuspruch und es macht wirklich Spaß, mit den Lesern in Kontakt zu kommen. Stolz war ich, als ich das erste whattsapp-Foto bekam von jemandem, den ich nicht kenne, in Relaxhaltung, mein Buch vor der Nase! Ich bin sogar im örtlichen Buchhandel gelandet. Es fängt gut an und wir werden sehen, wohin die Reise mich führt!
Weiterhin viel Erfolg wünscht Dir
Marianne
Cornelia Wriedt meint
Hallo Jacky,
das macht ja richtig Laune, sich da auch anzumelden. Danke für die ausführlichen Infos.
Grüße Conny
Angelika Herbstsommer meint
Hallo Jacky,
ich glaube ich habe mich doppelt angemeldet. Aber doppelt genäht hält besser.
Deine Infos sind einfach klasse. Ich habe Buch 3 in Arbeit, und noch jede Menge Ideen.
Und ja, ich will auch mal vom Schreiben leben können. :))
liebe Grüße
Angelika