Beim dritten „Sinn“ dieser Serie geht es um die Nase.
Die Holzhammer-Methode
Eine Leiche wird gefunden und natürlich wird der Inspektor vom Gestank erschlagen. Eine hübsche junge Frau betritt den Raum und sofort wird jeder von ihrem Parfüm betört.
Aber generell gilt dasselbe, wie für das Gehör. Die Nase wird eher selten bemüht, um dem Leser eine Situation näher zu bringen. Nur in besonderen Situationen, wo er dann gleich (eben weil sonst nicht darauf zurückgegriffen wird) „Aha! Jetzt passiert gleich was“ denkt.
Das ist in etwa so, wie die unheimliche Musik in einem Film „Aha! Die Musik geht los, gleich kommt der Schreck-Moment„.
Das hat den Vorteil, dass du deinen Leser auf eine drastische Wendung vorbereiten kannst: „es roch nach Rauch“. Benutzt du die Nase sonst nicht, um die Umgebung zu erforschen, wird dem Leser gleich „Feuer“ in den Kopf springen.
Zu gleichen (für mich sogar zu größeren) Teilen, ist aber gerade das auch der Nachteil. Wenn du den Geruchssinn statt dessen immer Mal wieder einflechtest, dann wird er zu etwas alltäglichem und viele Ereignisse lassen sich wesentlich subtiler und damit im Endeffekt effektreicher einführen.
Völlig unterschätzt
Ein Hund hat kaum so gute Augen wie ein Mensch, seine Nase allerdings ist um etwa 40 Mal besser. Der Mensch spricht immer von Medien und bewundert Menschen oder Wesen, die (angeblich) in die Zukunft sehen können. Dabei ist die Gabe des Hundes allgegenwärtig, unbestreitbar echt und vor Allem mehr als nützlich. Denn er kann mit eben seiner Nase in die Vergangenheit sehen.
Er weiß genau wer in den letzten Stunden an einer bestimmten Stelle vorbei gegangen ist, welches Parfum er getragen hat und wohin er ging. Alle Tiere und Menschen hinterlassen so ihre Spuren, die sich wie dünne Fäden durch die Welt spinnen.
Natürlich sind Menschen nicht so begabt darin sie zu lesen. Aber wenn sich die Spuren lange genug einbrennen, dann können auch wir sie wahrnehmen und so viel über einen Ort und seine Bewohner lernen.
Eine verrauchte Wohnung wird wohl keinen strikten Nichtraucher beherbergen. Auch der „nicht-Gebrauch“ von Deo fällt negativ auf.
Für mich ist der Geruchssin einer der am meisten unterschätzten Sinne. Wer „Das Parfum“ gelesen hat, wird vielleicht eine kleine Ahnung davon haben, was ich meine.
Im Einsatz
Beim Teil über das Hören, hatten wir unsere Beschreibung der Bestie schon ziemlich gut erweitert:
Das Tier ist hoch wie ein Haus, ölige schwarze Schuppen ziehen sich über seinen Körper. Ein dröhnendes Knurren quillt über seine wulstigen Lippen. Dann plötzlich reißt es seinen Rachen auf, giftig grüner Schleim spritzt Edi auf die Brust, Armlange Zähne blitzen auf und das Brüllen, grollend wie ein Donner, zerfetzt ihm fast das Trommelfell.
Jetzt wollen wir in die Situation auch den Geruch einbinden:
Das Tier stößt sich fast den Kopf in der haushohen Höhle, ölige schwarze Schuppen schaben über den Fels und ziehen sich über den wuchtigen Körper. Ein dröhnendes Knurren quillt über seine wulstigen Lippen. Eine Wolke aus Moder und dem Gestank von faulen Eiern schlägt Edi ins Gesicht. Dann plötzlich reißt es seinen Rachen auf, giftig grüner Schleim spritzt Edi auf die Brust. Beißender Geruch von verbranntem Fleisch dringt ihm in die Nase und nimmt ihm den Atem. Armlange Zähne blitzen auf und das Brüllen, grollend wie ein Donner, zerfetzt Edi fast das Trommelfell.
Gerüche als Flaschenpost
Meistens sind es aber die ganz kleinen, die unscheinbaren Gerüche, die uns wirklich packen und ganz plötzlich in die Vergangenheit reißen. Mutters Seife, Omas Kekse, der Staub in der Bibliothek, … was ist es bei dir?
Jeder Geruch trägt eine Botschaft, birgt ein Gefühl oder eine Erinnerung. Manchmal wird dir schlecht oder dir läuft das Wasser im Munde zusammen.
Jeder Mensch weiß was passiert wenn du ihm ein faules Ei unter die Nase hältst. Ihm wird übel. Gerade deshalb sind Gerüche eine wunderbare Sache um Dinge zu zeigen statt sie zu beschreiben.
Übung
Wieder ein guter Tag für eine Augenbinde, nur diesmal geht es nicht um deine Ohren. Diese Übung (da nicht 24 Stunden durchführbar) lässt sich sehr leicht in deinen Alltag einbinden. Schließe einfach zwischendurch kurz deine Augen, nur für ein paar Sekunden und atme tief durch. Absolut unverdächtig für Außenstehende, aber ein Quell der Inspiration für dich.
Lass dich durch deine Nase leiten. Wonach riecht es in der Bahn wirklich? Was hatte dein Chef zum Frühstück und war dein Tischnachbar wieder heimlich rauchen?
Welchen Geruch hast du am lebhaftesten in Erinnerung? Welchen magst du am liebsten? Woran erinnern sie dich?
Schreib eine kleine Geschichte, vielleicht auch nur einen Absatz über einen Geruch und was für Gedanken, Gefühle oder Erinnerungen er in dir wach gerufen hat.
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