Dieses Mal möchte ich mich einer Frage widmen, die elbenstein zu meiner Charakterserie gestellt hat:
Wäre es ratsam, solch eine Charakterentwicklung für jeden Protagonisten anzufertigen? Also, ich meine auch wichtige Nebenfiguren und auch für den Antagonisten???
Freiwillige vor
Du kannst das natürlich tun, niemand wird dich davon abhalten. Ich kann mir vorstellen, dass deine Geschichte sogar bis zu einem gewissen Grad daran gewinnt.
Aber mit der Mühe kommt auch immer das Verlangen nach Anerkennung. Wie aber sollst du Anerkennung gewinnen, wenn dein Leser gar nicht weiß wieviel Mühe du in deine Charaktere gesteckt hast.
Deshalb fängst du an die Charakterbeschreibungen auszubauen. Die Figuren bekommen mehr Platz, mehr Rolle zugewiesen als ursprünglich angedacht, mehr Gewicht als notwendig. Kurz: Die Geschichte bläht sich auf.
Wenn du für jeden Charakter einen ausführlichen Charakterbogen erstellst, dann höre nicht auf ihre Schreie nach Anerkennung, sondern halte sie immer auf den zugewiesenen Plätzen, wie klein auch immer die sein mögen.
Verhältnismäßigkeit
Um dem von vorneherein entgegen zu treten, ist es ratsam die länge eines Charakterenticklung immer dem Gewicht seiner Rolle anzupassen. Als ganz groben Anhaltspunkt würde ich sagen, dass ein Charakterbogen in etwa noch einmal die gleiche Menge Text enthalten sollte, wie du brauchst um die Figur auftreten zu lassen.
Statisten
Wenn die Rolle nur ein Statist ist, also nur in ein zwei Sätzen vor kommt, weil sie sich an irgendeiner Bar herumlümmelt, deinem Protagonisten die Türe aufhält oder nur ein Taxi fährt, dann ist auch seine Charakterbeschreibung nur ein oder zwei Sätze wert. In denen wirst du dich auf sein Aussehen beschränken und vielleicht noch einen stereotypen Charakterzug einbauen. Mehr Mühe ist er dann einfach nicht wert.
Nebenrollen
Wenn die Figur allerdings einen Text zu sprechen hat, und insgesamt einen Teil von ein, zwei Seiten ausfüllt, dann darfst du auch eine kleine Weile über sie nachdenken. Such dir eine Charaktereigenschaft aus die hervor sticht, entwickle einen banalen Stereotypen und dann gib ihm etwas Tiefe nur eine zusätzliche Eigenschaft, nur ein besonderes Merkmal, und vielleicht, wenn er wichtig genug ist, noch eine Motivation aus der Vergangenheit.
Die Betonung hierbei liegt immer auf „eins„. Wenn du über deinen Protagonisten alles wissen musst, dann musst du über die Nebenrollen nur das Wichtigste wissen. Das steigert sich je häufiger deine Person vor kommt.
Hauptcharaktere
Wir sind uns einig, dass du über deinen Protagonisten alles wissen musst. Der Protagonist ist die Hauptfigur deiner Geschichte. Um ihn dreht sich einfach alles. Aber neben ihm gibt es einige Figuren, die so wichtig sind, dass die Geschichte ohne sie nicht existieren könnte.
Statisten könnte man streichen, ohne das es auffällt. Nebenrollen sind zwar wichtig, aber austauschbar. Hauptcharaktere dagegen haben die Eigenschaft, dass es nur diese eine Figur gibt, die diesen Job machen kann und die ihn richtig machen kann. Solche Figuren sind meistens eine ausführliche Charakterentwicklung wert.
Allerdings gibt es meistens Bereiche in ihrem Leben, die für die Geschichte einfach nicht wichtig sind. Du kannst über sie nachdenken, der Vollständigkeit halber. Aber wenn sie für die Geschichte, oder das Verhalten des Charakters darin nicht direkt von Bedeutung sind, dann kannst du diesen Teil getrost vernachlässigen.
Antagonisten
Der Antagonist nimmt eine ganz besondere Rolle ein. Antagonist bedeutet so viel wie: Das negative Spiegelbild deines Protagonisten. Das heißt nicht, dass er alle Eigenschaften des Protagonisten hat (nur umgekehrt), sondern es soll lediglich bedeuten, dass der Antagonist dem Protagonisten in seiner Wichtigkeit absolut ebenbürtig ist.
Warum? Ganze einfach: Deine ganze Geschichte dreht sich um den Konflikt zwischen Protagonist und Antagonist. Wie aber sollst du einen glaubwürdigen Konflikt darstellen, wenn du nicht beide Parteien gleich gut kennst?
Also: Auch über deinen Antagonisten musst du alles wissen.
Die Diskussion zu diesem Thema findest du in der Schreibwerkstatt.
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