In letzter Zeit bin ich ein bisschen bei Twitter unterwegs gewesen.
Häufig ist das bloße Prokrastination, aber ab und an findet man dort auch interessante Dinge.
Am Samstag Abend bin ich dabei zum Beispiel über ein Textexperiment gestolpert an dem ich hiermit teilnehmen möchte. Die Regeln sind einfach:
Textexperiment
Nimm Sätze aus Büchern, die dir etwas bedeuten und reihe sie so aneinander, dass sie wieder eine Geschichte ergeben. Bedingung ist, dass du jeden Satz kennzeichnest, d.h. angibst aus welchem Buch und welcher Seite, von welchem Autor er stammt.
Eigentlich eine andere Form der Buchrücken-Poesie, nur mit wesentlich mehr Möglichkeiten. Mir hat die Idee gefallen, also hab ich mich gleich einmal daran probiert. Hier mein Ergebnis:
Erkenntnis
[1] Pug tänzelte am Klippenrand entlang. [2] Langsam ging er in die Hocke und berührte die rote Flüssigkeit, die von einem zerbrochenen Ziegelstein heruntertropfte. [3] Plötzlich spürte er Wärme in den Fingern. [4] Sein Gesicht wurde blaß vor Zorn, und sein erregtes Gemüt war in jedem seiner Züge sichtbar. [5] Der kleine Junge schnuppert. [6] Es ist ein Pelzmantel aus Kaninchenfell und siebzehn Jahre getragen. [7] Irgendwie kam ihm das törricht vor, und er verspürte ein flüchtiges Bedauern, doch ging das unter in einer heftigen Aufwallung, die sein Blut in den Ohren singen ließ. [8] Die Fähigkeit, uns zu wundern, ist das einzige, was wir brauchen, um gute Philosophen zu werden. [9] Denn alles, was du bist, das ist in dir.Quellen:
[1] Der Lehrling des Magiers von Raymond Feist S.11– Mein erster Fantasy-Roman. Pug mochte ich immer am liebsten und dann waren da ja auch noch die Orangen. [2] Die Rebellin von Trudi Canavan S.290
– Meine neueste Fantasy. Gerade erst entdeckt und sehr gemocht. [3] Harry Potter und der Stein der Weisen von J.K.Rowling S.95
– Meine am häufigsten gelesene Fantasy. [4] Stolz und Vorurteil von Jane Austen S.225
– Mein absoluter Liebling. In 24 Stunden verschlungen und für immer verfallen. [5] Hannibal von Thomas Harris S.274
– Mein erster „Horror“. Blutig aber aber auch sehr tiefsinnig, wenn man bereit ist zuzuhören. [6] Tagebuch von Anne Frank S.140
– Hat mich durch meine Diplom Prüfungen begleitet. [7] Palast der Winde von M.M.Kaye S.777
– Mein erstes Buch mit mehr als 1.000 Seiten und auch die erste Liebesschnulze. [8] Sophies Welt von Jostein Gaarder S.23
– Mein erstes „erwachsenes“ Buch, das mich vollkommen überwältigt hat; mit einem grandiosen Ende. [9] Die Elfen von Bernhard Hennen S.64 Ä
– Nicht nur eine Liebesgeschichte.
Weitere Textexperimente
… findest du in Mellcolms Blog, zusammen mir ihrem eigenenTextexperiment. Dort kannst du auch dein eigenes Textexperiment veröffentlichen.
Tipp
Wenn du selbst das Experiment starten möchtest, dann stehst du vielleicht – wie ich – vor dem Problem, dass du nicht weißt wo du anfangen sollst. Bei einem Buch wusste ich gleich den Satz den ich wollte, ihn wiederzufinden war gar nicht so leicht. Bei allen anderen Büchern saß ich da: „Und jetzt?“
Mein Tipp, schlag das Buch an irgendeiner Stelle auf – das ist eigentlich wie Buchstechen – lies ein bisschen herum und sieh ob dir ein Satz besonders gefällt. Wenn du den Anfang deiner „Geschichte“ schon hast und das Buch dir etwas bedeutet, dann weißt du gleich, ob in der Nähe der gewählten Stelle vielleicht ein paar Sätze vorkommen, die in Zeit und Geschlecht deine Geschichte fortsetzen können.
Wenn es nicht passen will, probier es einfach noch einmal. Wenn einfach gar nichts passt, dann such nach kurzen Sätzen, vielleicht nach Dialogen oder ausrufen. Wenn das Buch unbedingt in die Liste soll, wird sich etwas Kurzes finden, das halbwegs passt.
Vielleicht weißt du ja auch noch eine Stelle wo was stehen könnte. Ich hab mich bei meinem Satz von Ereignis zu Ereignis gehangelt und es immer weiter eingegrenzt. „Nein, das muss vorher gewesen sein. Nein, jetzt bin ich wieder zu früh.“ Irgendwann hab ich seitenweise umgeblättert und dann stand er da, mein Lieblingssatz:
Wähle dir deine Verwandtschaft! Kümmere dich nicht um dein Ansehen! Denn alles, was du bist, das ist in dir.
Über das Schreiben
Im Nachhinein ist das Ganze auch eine wunderbare Übung für Schriftsteller und alle, die es werden wollen. Denn dabei ist mir so richtig aufgegangen, wie unterschiedlich die einzelnen Autoren doch ihre Texte verfassen.
Zum Beispiel war es M.M.Kaye fast unmöglich einen Satz zu finden, der kürzer als drei Zeilen war. Dagegen fand ich bei J.K.Rowling kaum einen Satz in dem kein Name vorkam. Und die Wortwahl war bei Jane Austen natürlich eine ganz Andere, als Bernhard Hennen.
Wenn du also dabei bist und dir deine Sätze aussuchst, dann achte doch einfach mal darauf, wie deine Lieblingsautoren sich so auszudrücken pflegen. So schärfst du deinen Blick auch für deine eigenen Stärken und Schwächen.
Diskussion
Hast du selbst ein Textexperiment geschrieben? Was ist dir am Schreibstil in den verschiedenen Büchern aufgefallen? Was hältst du generell von der Idee? Wie gefällt dir meine „Geschichte“?
Melde dich gleich per Mail bei Schriftsteller-werden an oder benutze meinen RSS-feed.