16.9.2015
Schon in meinem letzten Statusbericht #14 haben mich die Motive der Charaktere umgetrieben. Es ging darum, warum und ob denn jetzt so viele Leute mit meiner Protagonistin mitreisen müssen.
Diesmal sind es die Motive einer ganzen Gruppe, die sich mir nicht erschließen wollen.
Ausgansproblem: Endgegner
Ich habe einen ziemlich großen Konflikt und einen mächtigen Endgegner. Meine Lisa (die momentan Laura heißt) ist trotz Unterstützung ihrer Mitreisenden nicht in der Lage ihn zu besiegen.
Hilfe: Gruppe
Nun gibt es aber eine Gruppe, die tatsächlich die Fähigkeit hätte den Endgegner in die Knie zu zwingen. Durch einen, von Lauras Mitreisenden, sind sie meiner Protagonistin sogar wohlgesonnen.
Motivationshemmer: Familienbande
Das Problem ist allerdings, dass der Endgegner „Familie“ hat. Das heißt, sollte die Gruppe sich entschließen den Endgegner zu vernichten, hätten sie auf jeden Fall Probleme mit dem Rest der Sippschaft zu befürchten.
Mit einem einzelnen Familienmitglied kann die Gruppe es aufnehmen, aber sicher nicht mit der gesamten Familie.
Motivationsbeschleuniger?
Nun ist die Sippschaft nicht unbedingt mit dem einverstanden, was der Endgegner so treibt (hauptsächlich, weil sie wohl selber gerne auf diese Idee gekommen wären). Aber das weiß weder die Gruppe noch Laura.
Also bräuchte die Gruppe einen verdammt guten Grund, weshalb sie sich für eine Fremde so in Gefahr begeben.
Ich will absolut nicht, dass das zufällig passiert im allerbesten Fall soll es 100% an Lisa liegen, dass sich die Gruppe zur Unterstützung entschließt.
Was könnte sie also tun?
Ergänzung;
Oktober 2015
Ich habe die Lösung gefunden. Sie lag „im Hintergrund“. Mir war zwar bewusst, dass die Motive „der Gruppe“ nicht ganz klar waren, aber mir war nicht bewusst, dass auch die Motive der „Endgegnerfamilie“ im Dunkeln lagen.
Fragen stellen!
Die Lösung war es also, Fragen zu stellen, zu einer Situation, von der ich eigentlich dachte, dass sie offensichtlich wäre.
- Warum ist der Endgegner überhaupt dort, wo er ist?
- Wie ist die Gruppe gegenüber dem Endgegner und seiner Sippe eingestellt? (Sie mögen die sowieso nicht)
- Warum hat die Gruppe nicht eher etwas unternommen?
- Muss die Sippschaft tatsächlich eingreifen? Würden sie nicht eher versuchen erst einmal herauszufinden, warum ihr ungeliebtes Familienmitglied umgebracht wurde?
- Wie würden sie die Kommunikation aufnehmen? Wo bleibt Spielraum für ein Abkommen?
Vielen Dank an Nion, ohne dich würde ich wahrscheinlich heute noch gegen Wände laufen, die nicht einmal existieren. 🙂
Fazit:
Was machst du, wenn du denkst, dass eine Situation unlösbar scheint?
Richtig. Noch einmal ganz von vorne über die Beteiligten und ihre Motive nachdenken.
- Wie kommen die Charaktere überhaupt in diese Situation herein?
- Wer ist tatsächlich alles von dieser Situation betroffen?
- Und wie würden die Betroffenen höchstwahrscheinlich darauf reagieren?
Was denkst du?
Haben dich schon einmal die Motive deiner Charaktere wahnsinnig gemacht?
Wie bist du da herausgekommen?
Isa meint
Hallo Jacky!
Schon oft habe ich vor der Frage gestanden: Warum sollten meine „Retter in der Not“ denn überhaupt helfen, wenn sie es bis jetzt nicht getan haben?!
Oft hilft – wie du ja gesagt hast – das überdenken der kompletten Situation und manchmal, wenn meine Kreativität es gut mit mir meint, finde ich dann eine Lösung.
Aber wenn auch das mich nicht weiterbringt, dann versuche ich es einfach auf die klassische Art und lese! Meistens ist es dann eines dieser Bücher, die ich lange schon lesen wollte, aber nie Zeit dazu hatte, oder ich suche mir eins heraus, das einen völligen Gegensatz zu meinem „Projekt“ bildet.
Ich kann für nichts garantieren, aber bei mir hilft das immer ganz gut, wenn ich gar nicht mehr weiterweis. Besonders gut funktioniert das bei Büchern, die ich als „schlecht“ oder nicht sehr fantasievoll beurteilen würde, denn gerade da sprudelt mein Kopf nur so vor Ideen über und möchte es besser machen. Allein dieses Gefühl hilft mir jedes mal ungemein, mich weiter daran zu setzen und eine Lösung zu finden.
Hier noch ein großes kleines Dankeschön liebe Jacky für deine Hilfreichen Texte und die fantastischen Motivationsmails! Seit ich deinen Blog gefunden habe ärgere ich darüber, nicht schon früher darauf gestoßen zu sein… 😛
Liebe Grüße, Isa
Jacky meint
Hi Isabel,
Danke sehr für deinen Ergänzungstipp. Den muss ich mir für das nächste Mal merken und ausprobieren.
Obwohl ich jetzt schon weiß, dass du wahrscheinlich recht hast, gerade wenn sich mir die Zehennägel hochkrempeln, juckt es mir in den Fingern selbst etwas zu schreiben 🙂
Freut mich sehr, dass dir meine Motivations-Mails so sehr gefallen und weiterhelfen, dann lesen wir uns ja ganz bald schon wieder.
lg
Jacky 😉
Shadow meint
Hallöchen,
zu dem Thema habe ich natürlich auch etwas zu sagen.
Gerade erst vor ein paar Tagen musste ich die Motive meines Antagonisten überdenken.
Um es kurz zu fassen, es ist in einem Fantasywerk untergebracht: Der Antagonist wollte um jeden Preis seine Schwester finden, die sich aber lieber mit dem Protagonisten abgibt.
Allerdings brauchte der Antagonist sie, für seine Pläne.
Aber Moment mal, welche Pläne eigentlich? Er wollte sie nur bei sich haben um…ja warum eigentlich? Er wollte seine Macht vergrößern, ursprünglich und brauchte seine Schwester deswegen. Oder wollte sie an ihrer Seite haben.
Gut, der Protagonist steht ihm im Weg und beide haben ein Problem mit dem anderen, da beide auf verschiedene Weise um die Gunst der Frau …kämpfen.
Aber was passiert dann, wenn er sie wirklich hat? Das wollte auch mir nicht so klar werden und ich habe mir den Kopf zerbrochen.
Bis ich darüber nachgedacht habe, was besagte Frau, der weibliche Hauptcharakter eigentlich erreichen will, wie das in Verbindung mit dem Protagonisten steht und was er am Ende, außer ihre Aufmerksamkeit, will.
Dann habe ich mir gedacht, wenn sie Ziel XY hat, was am Ende der Protagonist teilt, dann könnte der Antagonist das gleiche Ziel erreichen wollen, um seine Schwester zu beeindrucken.
Also sind die Pläne des Protagonisten auch seine Pläne, somit die seiner Schwester. Nur, geht er es auf die völlig falsche und unmoralische Art an.
Somit habe ich meinen Antagonisten ein wenig über den Haufen geworfen.
Aber es hat geklappt und er klingt glaubwürdiger. Und auf einmal gaben die schrecklich drastischen Handlungen der Nebencharaktere einen größeren Sinn.
Nächstes Mal, wenn ich Probleme habe denke ich über die Ziele der Charaktere nach und wie sie sich verbinden lassen.
Vielleicht hilft mein geschriebenes Durcheinander ja irgendwie weiter, falls diese sonderbare Erklärung jemand einleuchtet.
Liebe grüße
Ps: ich finde deinen Blog auch sehr genial, so wie das Forum. Freut mich, dass ich es Mitte des Jahres gefunden und dank deiner Hilfestellungen bereits viel weiter bin als vor ein paar Monaten. : )
Avi meint
Um solchen Problemen vorzubeugen, verfasse ich vor einem längeren Projekt (Kurzgeschichten zähle ich mal nicht dazu) ein ausführliches Stufendiagramm. Darin erkenne ich dann schon im Vorfeld Storyfehler oder wenn ich mich beim Konzept mit der Prämisse und den Motiven der Protagonisten komplett verrannt habe.
In der Geschichte an sich muss ich mich mit solchen Dingen dann nicht mehr befassen, sondern kann (je nach Gefühlslage) einfach drauf los schreiben und später an die Bearbeitung gehen.
Sasa meint
Hallo Leute, Es stimmt, Charaktere neigen dazu, mit ihrer Sturheit Probleme zu verursachen. Früher hat es mich wahnsinnig genervt, mittlerweile zähle ich es zu den positiven Eigenschaften einer Figur. Zumal alle meine weiblichen Protagonisten genauso störrisch wie unabhängig von gesellschaftlichen Zwängen sind. Liebenswert. Lg Sasa
Sasa meint
Hey Jacky,
ich bin‘ s noch einmal. Vielleicht habe ich das in einem anderen Artikel schon geschrieben – ich weiß es nicht (Alzheimer mit 18?!) – aber mir ist die Situation mit störrischen Charakteren mittlerweile mehr als nur vertraut. Mein Antagonist beispielsweise hat mir zwar seine Sichtweise dargelegt, ist aber sehr uneinsichtig das seine Mittel zum Zweck falsch sind. Gut, verständlich, das er es meint besser zu wissen (er ist ein Großvater, der Schuld am Tod seines einzigen Sohnes und seiner kleinen Enkelin trägt) aber ehrlich gesagt ist er mir diesbezüglich unsympathisch.
Obwohl meine Protagonistin stark und eine eigensinnige Persönlichkeit ist, mag ich sie längst nicht so sehr wie am Beginn des Projektes. Sie geht mir eher auf die Nerven :- (
Nun ja, zumindest kenne ich nun die Motive von allen Personen – ein ganz anderer Stand als vor drei Monaten!
Bewahrt einfach die Ruhe, wenn sie euch wieder damit ärgern, dass sie sich weigern, den von euch vorgeschriebenen Weg zu gehen. Irgendwann werden sie den Spaß daran verlieren. Glaubt daran, ich spreche aus Erfahrung ; )