Heute mal wieder etwas, das ich bei 12in12 gelernt habe.
Ich wette, das zugrundelegende Problem kennst du auch. Du schreibst an deiner Geschichte, aber irgendwie kommst du so gar nicht vorwärts. Dabei scheint es keinen Grund dafür zu geben. Die Hintergrundgeschichte steht, du kennst die Charaktere schon ziemlich gut und weißt auch, wo du hin willst. Trotzdem läuft es einfach nicht.
Natürlich kann es dafür viele Gründe geben, vielleicht befindest du dich noch am Übergang, vielleicht bist du dir bei deinen 5 Schlüsseln noch nicht sicher. Aber, besonders wenn ich noch nicht genau weiß woran es liegt, hilft mir das Zoom-Plotting enorm.
Ich habe es auch schon manchmal Scene-Hopping genannt … vielleicht sollte ich mir auch einen ganz anderen Namen dafür einfallen lassen 😛
Aber die Bezeichnung ist eigentlich unwichtig. Das Wichtige ist, das Ganze funktioniert so:
Schritt 1: Zoom out
Du schaust dir deine Geschichte von außen an, also die übergreifende Struktur: Ende, Höhepunkt, Anfang und alles, was du dazwischen schon hast.
Aus dieser Perspektive versuchst du nun, „Stücke“ zu finden, die dazwischen passen. Das sind Dinge, die dir Spaß machen würden, die Sinn ergeben und/oder passieren müssen. Das können ganze Szenen sein, kleine Handlungs- oder Dialogschnipsel, Beschreibungen, Geheimnisse … was-auch-immer. Brainstorming ist natürlich auch erlaubt.
Und während du dich in diesem Zoom-out-Modus befindest, wird es irgendwann passieren. Du bemerkst es auf jeden Fall sofort, dieses leise Kitzeln in der Magengrube, das Kribbeln in den Fingerspitzen, das „ohhh ja, ich freu mich auf diese Szene“ und dann springst du sofort und ohne lange zu überlegen, einfach mitten rein!
Schritt 2: Zoom in
Werf dich mit Anlauf und vollem Elan in die Szene, auf die du gerade Lust hast und schreib drauf los. Benutz das XXX-File, um Lücken zu lassen (dadurch, dass du nicht chronologisch schreibst, gibt es natürlich Sachen, die du noch nicht weißt, das ist in Ordnung!) und fühl dich einfach nur rundum wohl.
Schreib so lange weiter, bis dir nichts mehr einfällt und dann … Zoom wieder heraus und mach mit den neuen Erkenntnissen weiter bei Schritt 1.
Und dann?
Natürlich kannst du auf diese Weise nicht für immer weitermachen. Aber du gewinnst ein Gefühl für die Geschichte, findest heraus, wohin sie fließt und hast vor allen Dingen Spaß beim Schreiben. Korrigieren kannst du später oder schubweise, wie auch immer es für dich besser funktioniert (und solange du dich nicht in Korrekturschleifen verhedderst).
Klingt konfus?
Ist es aber gar nicht.
Denn der größte Teil der Geschichte steckt ja sowieso in deinem Kopf. Das „Zoom-Plotting“ ist nur eine Methode, um sie herauszulocken.
Macht dich das zu einem Plott-Schreiber, einem Planenden-Schreiber oder einem Plotlosen-Schreiber? Ich weiß es nicht. Hauptsache, es funktioniert 😉
Jetzt du
Wie schreibst du deinen „ersten Entwurf“? Mit Plot? Mit Plan? Oder ganz ohne? Hast du schon einmal (absichtlich) gezoomt?
Sabrina meint
Hallo Jacky! Ich verfolge deinen Blog bereits einige Zeit. Mir persönlich hat es schon eine Menge gebracht deine vorgeschlagen Methoden auszuprobieren. Ich stecke gerade in der letzten Korrektur meines ersten Roman den ich auch bald veröffentlichen werde. Ich arbeite ständig mit dem Zoom-Plotting wie du es nennst. Ich empfinde es als große Hilfe um einfach weiter zu machen wenn mir im flüssigen schreiben wie ich es nenne einfach nichts gutes mehr einfallen will. Ich kann es nur jedem empfehlen es auszuprobieren. So hat man das Gefühl weiter zu kommen. Und ich persönlich bin dann immer sehr stolz auf mich. Mach weiter so! Liebe Grüße aus Norddeutschland 🙂
Jacky meint
Hi Sabrina,
freut mich riesig, dass dir mein Blog so gut gefällt 🙂
Und toll, dass du (dank Zoom-Plotting) schon so weit gekommen bist. Dann viel Erfolg und vor allem Spaß bei „den letzten Zügen“ 😉
Ganz liebe Grüße
Jacky
Ole meint
Hi Jacky,
keine schlechte Idee, das mal bewusster zu machen. Wenn mir bisher zwischendurch mal etwas einfällt, was zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht passt, vermerke ich das als Notiz. Weil ich aber derzeit „hänge“, vielmehr nicht mehr in den Schreibfluss finde, könnte mir diese Methode vielleicht helfen, denn prinzipiell kenne ich den Verlauf der Geschichte ja. Ich werde das in den nächsten Tagen mal probieren. Vielen Dank ☺
Jacky meint
Hi Ole,
gerne. Freut mich, dass dir der Artikel gefällt. Dann viel Erfolg und vor allem Spaß beim Ausprobieren 😉
Liebe Grüße
Jacky
Chiri meint
Hallo Jacky und alle, die das lesen!
Ich habe diese Technik früher sehr oft benutzt. Irgendwie hatte ich mir aber für mein aktuelles Projekt – auch deshalb, da ich für meine sonstigen Verhältnisse nur sehr grob geplottet habe – vorgenommen, relativ chronologisch das Ganze herunterzuschreiben. Bei etwa 22.000 Wörtern kam dann der Punkt, wo alle Ideen, die ich so zum Anfang hatte, mehr oder weniger erst einmal durch waren (was vor ein-zwei Tagen dann der Fall war). Dein Blogpost kam also genau zur richtigen Zeit, denn nun habe ich den gesamten Tag darauf verwendet, das Ende zu schreiben, das ich zwar schon von Anfang an im Kopf hatte, nun ist es aber so real, dass ich etwas Konkretes habe, auf das ich hinarbeiten kann. Auch habe ich so nun Dinge, bezüglich der ich mir vorher noch unsicher war, fest vorgegeben, was mir nun sehr hilft, dort weiterzuschreiben, wo ich zuvor aufgehört hatte. Ich habe also das Zoom-Plotting und Deine Tipps zum „sich-am-Übergang-befinden“ kombiniert und das zusammen hat mir unglaublich sehr geholfen heute.
Daher vielen lieben Dank dafür und noch einen schönen Abend!
Chiri
Saige meint
Hallo Jacky,
wie lustig, genau auf diese Weise habe ich schon öfters geschrieben.
Mein Problem dabei sind nur die „Lücken“ die dann zwischen den Szenen die mir Spaß machen entstehen.
Ich habe dann die Sorge, wenn ich mich nicht zwinge wieder chronologisch zu schreiben, werden diese Lücken nie gefüllt…
Da ich eher gröber plotte und nicht jede Szene bis ins Detail vor dem Schreiben plane (ich lasse mich gerne von meinen Figuren leiten) gibt es leider immer wieder Stellen, an denen ich einfach ewig nicht weiterkommen. Dann juckt es mich schon sehr in den Fingern an einer Szene auf die ich mich schon lange freue zu schreiben, doch wenn ich damit fertig bin, freut mich die „Problemszene“ leider auch nicht mehr 😉
Leider habe ich für diese Problem noch keine optimale Lösung gefunden.
Liebe Grüße Saige
Fashionqueens Diary meint
Schöner Beitrag und ich habe es bei meinem ersten Buch auch so gemacht: Mitten hinein in die Szene, die mir spontan eingefallen ist und dann wieder hinaus und in die nächste Szene hinein, auch wenn diese chronologisch an einer ganz anderen Stelle stand! Hat auf jeden Fall geklappt und der Verlag hat es nicht gemerkt, also funktioniert es wirklich, was mich selbst immer wieder erstaunt 😀
Janna meint
Hallo Jacky,
Ich habe schon vor längerer Zeit deinen genialen Begriff „Scene-Hopping“ übernommen, der einfach super ausdrückt, was man dabei macht :-). Ich mache das sehr oft, stelle aber fest dass man ab einem bestimmten Manuskript-Umfang damit nicht mehr so gut fährt, weil man dann doch den Überblick verliert – zumindest, wenn man nicht wie du jeden Tag an seinem Roman schreiben kann. Dann hat man irgendwann einen riesigen Haufen an Schnipseln, die wie schiefe Puzzleteile nicht mehr richtig zusammenpassen.
Dann hilft irgendwann aber die Freude auf das Schreiben einer bestimmten Szene, chronologisch weiterzuschreiben… eben auf die Szene hin. Wie eine Karotte, die man sich vor die Nase hält: „Jetzt noch diese und diese Szene schreiben, dann bin ich bei der angelangt, auf die ich Lust habe! Yeah!“
Liebe Grüße, Janna
Sandra Rehle meint
Hallo Jacky,
bei den Szenen, die mir schwer fallen zu schreiben, sehe ich immer, dass sie nicht wirklich funktionieren. Ich sage mir dann immer, wenn sie mich schon langweilen, wie soll es erst den Lesern gehen?! Also frage ich mich, was muss ich ändern/machen, damit sich keiner langweilt? Und dann funktioniert es auf einmal wieder… 😉
LG Sandra