Du hast gerade wieder ein Buch verschlungen und nun stellt sich die alles entscheidende Frage:
Eine sehr wichtige Frage , die sich jeder (deiner!) Leser stellt, bevor er (d)ein Buch zur Hand nimmt. Diese Frage stellt er sich nicht unbedingt bewusst und mit diesen Worten. Aber wenn er in einer Buchhandlung steht und auf die bunten Streifen der Buchrücken blickt oder wenn er sich durch die farbenfrohen Cover der Online-Shops klickt, schwingt diese Frage immer mit.Was möchtest du als nächstes lesen?
Die Antwort darauf ist so unterschiedlich, wie die Menschen, die sie beantworten sollen. Und häufig gibt es gar keine konkrete Antwort.
- Etwas Lustiges.
- Etwas Romantisches.
- Etwas mit Magie.
- Mit einem männlichen Hauptcharakter.
- Mit einem weiblichen Hauptcharakter.
- Mit Elfen.
- Mit Vampiren.
- Mit möglichst viel Splatter.
- Ohne Liebesgeschichte.
- Mit Liebesgeschichte.
- Mit vielen verschiedenen Facetten.
- Ganz schlicht und auf den Punkt.
- Ausgeschmückt und bunt.
Genauso unterschiedlich wie die (unbewusste) Antwort auf die Frage „Was möchtest du lesen“ aussieht, wird auch die Buchwahl des Lesers unterschiedlich ausfallen. Aber von dieser Antwort hängt ab, mit was für einer Erwartung der Leser in das nächste Buch einsteigt.
Erwartet er einen blutigen Thriller und bekommt eine romantische Liebesgeschichte? Dann wird er enttäuscht sein, egal wie toll das Buch einem Liebesromanleser gefallen hätte. Erwartet er bunt und ausgeschmückt und bekommt stattdessen schlicht und auf den Punkt, ist er unglücklich, auch wenn die Geschichte noch so gut ausgedacht ist.
Das heißt, die Erwartungen des Lesers beeinflussen massiv sein Leseerlebnis und nur, wenn ihm gefällt, was er bekommt, wird er am Ende „mehr“ von dir lesen wollen.
Und genau darum geht es beim „Zielglruppen-orientierten-Schreiben“.
Schreib, was du selbst gerne lesen würdest
Bevor wir tiefer in das Thema »Zielgruppen« einsteigen, ein kleiner Disclaimer:
Ja, du solltest immer das schreiben, was du selbst gerne lesen würdest. Wenn du dich zu einem Thema zwingst, auf das du keine Lust hast, dann wird der Leser das im Zweifelsfall immer spüren.
Und ein großer Teil des Lesevergnügens kommt daher, dass der Leser dir vertraut, dass du (wieder) eine (so) gute Geschichte schreibst (wie letztes Mal).
Wenn du also über [/su_highlight]etwas schreibst, für das du brennst,[/su_highlight] dann wirst du den Leser mitreißen können und dieses atemberaubende Erlebnis schuldest du nicht nur dem Leser, sondern auch dir selbst.
Aber (und das ist ein sehr fettes aber) du solltest trotzdem [/su_highlight]immer für eine ausgesuchte Zielgruppe[/su_highlight] schreiben.
Was ist eine Zielgruppe überhaupt?
Hast du schonmal versucht, einem FC-Köln-Fan ein Borussia-Trikot zu verkaufen (oder umgekehrt)? Oder einem waschechten Trekkie ein Jedi-Schwert zum Geburtstag geschenkt? Ich würde dir beides nicht empfehlen.
Natürlich kannst du Glück haben und derjenige mag beides. Aber wenn du die Chance, dass er sich freut, maximieren willst, dann gibst du ihm genau das, was er will!
Jeder Mensch hat andere Vorlieben. Und deshalb besteht deine Zielgruppe, aus den Menschen, denen deine Geschichte potenziell gefallen könnte.
Und zwar …
… um sie glücklich zu machen
Im Endeffekt ist die »Festlegung der Zielgruppe« nichts weiter als gutes »Erwartungsmanagement«.
Ich habe vor einer ganzen Weile ein Buch gelesen, das versprach (durch Cover und Klappentext) eine Liebesgeschichte zu werden. Genau darauf hatte ich gerade Lust. Am Ende hat sich herausgestellt, es war stattdessen der einfühlsame Selbstfindungsprozess einer jungen Frau.
Das Buch war gut geschrieben, keine Frage und hätte ich es als Selbstfindungs-Geschichte gelesen, dann hätte es mir wahrscheinlich super gefallen. Aber so war ich einfach enttäuscht, schlicht, weil meine Erwartungen nicht erfüllt wurden.
Deshalb ist es so wichtig, dass du vorher weißt, für wen du schreibst. Damit du bei jedem folgenden Schritt (Schreiben, Lektorieren, Veröffentlichen, Cover-Bestellen, Vermarkten …) darauf achten kannst, dass du die richtigen Leser für dein Buch ansprichst und dein Zielpublikum glücklich machst. Denn …
Für jede Idee gibt es 1.001 Geschichte
Für jede Idee auf dieser Erde gibt es mehr als eine Million Möglichkeiten, daraus eine Geschichte zu machen und noch mehr verschiedene Arten, sie aufzuschreiben.
Aus »ein Hobbit zieht mit einem Ring los, um ihn zu vernichten«, kannst du ein Fantasy-Epos machen (offensichtlich), du könntest aber genauso gut eine zwanzigseitige Kindergeschichte darüber schreiben oder einen romantischen Liebesroman entwickeln.
Mit jeder dieser Varianten sprichst du ein völlig anderes Zielpublikum an. Und zwar unabhängig davon, ob du dir das vorher überlegt hast, oder nicht.
Stell dir vor, du erklärst deiner fünfjährigen Tochter, wie Babys gemacht werden. Das wird eine völlig andere Unterhaltung, als wenn du mit deinem sechzehnjährigen Sohn sprichst. Nicht, weil das Thema ein anderes ist und nicht einmal unbedingt, weil du den Inhalt anpasst, sondern weil du einen völlig anderen Ton verwendest, den Fokus auf andere Dinge setzt und die Detailtiefe anpasst.
Deshalb ist es so wichtig, sich die Frage zu stellen:
Für wen schreibst du?
Denn, wenn du einmal weißt, für wen du schreibst, dann fällt es dir wesentlich leichter, bestimmte Entscheidungen für deine Geschichte zu treffen.
Du schreibst eine Liebesgeschichte? Super, dann wird vermutlich kein klauenbewehrtes Schattenmonster aus dem Schrank springen.
Du schreibst für Leser, die gerne Blut und Splatter sehen? Dann sollte dein Vampir besser nicht anfangen zu glitzern.
Im Umkehrschluss wartet der Leser bei einem Liebesroman wie auf heißen Kohlen bis zur »ersten Begegnung« und bei einem Krimi ist er gespannt auf »den (ersten) Mord«.
Wenn du einem Leser aus der einen Gruppe, das vorsetzt, was einer anderen Gruppe gefallen würde, wird er enttäuscht sein und schleunigst das Weite suchen.
Leser lesen Geschichten, weil sie sich bestimmte Emotionen erhoffen, sie wollen sich gruseln, verlieben oder herzlich amüsieren und wissen, dass sie diese Gefühle bei bestimmten Geschichten und darin in entsprechenden Szenen bekommen.Gib ihnen, was sie wollen!
Du kannst deiner Fünfjährigen nicht das Gespräch für deinen Siebzehnjährigen auftischen und erwarten, dass sie alles versteht und glücklich mit der Erklärung ist.
Du musst die »Geschichte« für deine Tochter (oder für dein ganz spezielles Zielpublikum) richtig verpacken.
Das und nichts anderes ist zielgruppenorientiertes Erzählen.
Wie sieht denn jetzt deine Zielgruppe aus?
Was die Sache der »Zielgruppen-Bestimmung« kompliziert macht, ist die Tatsache, dass du nicht eine Person vor dir sitzen hast, die du bis ins letzte Detail kennst (wie z.B. deine fünfjährige Tochter), sondern eine riesige (?) Gruppe von Menschen, von denen du noch keinen im echten Leben getroffen hast.
Ich denke, das ist der Hauptgrund, weshalb es (angehenden) Schriftstellern so schwerfällt, ihre Zielgruppe zu definieren . Deshalb kommen dann schon mal so Aussagen wie »eigentlich alle« oder »Frauen im Alter von 25 bis 45«.
Das ist vielleicht richtig, aber wenn du deine Zielgruppe so weit fasst, kannst du ihre Erwartungen nicht kennen. Denn darunter befinden sich Formel-1-Fans genauso wie Nagelack-Fetischisten. Aber welche Geschichten ihnen gefallen, das kannst du nicht genauer bestimmen.
Viel interessanter ist bei der Zielgruppenorientierung herauszuarbeiten, was für Menschen das sind, für die du schreibst.
- »Leser, denen auch das Buch XY gefallen hat«
- »Fans des Autors YZ«
- »Menschen die sich für ZY interessieren« wobei ZY alles sein kann, von einem Hobby, über einen Beruf bis hin zu einem Wissensgebiet.
Mit solchen Angaben gehst du schon eher in eine Richtung, mit der du beim Schreiben auch etwas anfangen kannst.
Es geht nämlich in diesem Fall tatsächlich darum:
In welche Schublade kannst du dein Manuskript stecken, damit die Leser, die in dieser Schublade suchen würden, das bekommen, was sie glücklich macht?
Größe der Zielgruppe
„Menschen, die gerne Liebesgeschichten lesen“, gibt es wie Sand am Meer. „Menschen die gerne Liebesgeschichten lesen, in denen ein Partner ein Alien ist“, gibt es weniger.
Für welche der beiden Gruppen solltest du dich entscheiden?
Nun, dazu musst du natürlich als Erstes zu der Frage zurückgehen, was du gerne schreibst. Wenn beide Gruppen zu dir passen, dann erst kannst du über die Größe von Zielgruppen nachdenken. Und selbst dann musst du dir noch überlegen, ob größer unbedingt besser ist.
Natürlich hast du mehr potenzielle Käufer, aber dadurch, dass du mehr Menschen unter einen Hut bekommen willst, musst du die Kanten deiner Geschichte wesentlich mehr glätten. Und wenn du das zu exzessiv betreibst, dann bleibt am Ende nur noch ein gleichförmiger Brei übrig, den auch wieder keiner leiden kann.
Am besten solltest du also einen Mittelweg finden, zwischen möglichst große Zielgruppe (die zu dir passt), aber speziell genug, damit sie gemeinsame Vorlieben haben, mit denen du spielen kannst.
Und im Endeffekt kannst du deine Zielgruppe noch so sehr planen, am Ende entscheiden die Leser, ob ihnen gefällt, was du tust und definieren damit nachträglich deine tatsächliche Zielgruppe (an der du dich beim nächsten Mal orientieren kannst).
Allerdings, ist zu beachten …
Zielgruppen ändern sich
Und das ist gut so.
Du bist ein Mensch, Menschen ändern und entwickeln sich. Wenn du heute noch denkst, deine Zielgruppe sind »Leserinnen denen Agatha Christi gefällt und die einen Faible fürs Fliegenfischen haben«, kann sich herausstellen, dass der wesentlich wichtigere Aspekt deiner Geschichte ist, dass du sie mit einem sarkastischen Unterton geschrieben hast. Dass du also eine Geschichte für »Leute mit sarkastischem Humor« geschrieben hast.
Du findest dein finales Zielpublikum erst dadurch, dass du schreibst und dabei selber herausfindest, was und wie du gerne schreibst. Im Endeffekt wird dein Zielpublikum dein Schreiben sogar beeinflussen.Hast du schon mal Post von einem Fan bekommen (oder mit jemandem gesprochen, der deine Geschichte mochte)? Dann weißt du genau, wie toll es sich anfühlt, gelobt zu werden. Natürlich möchtest du das wiederholen und natürlich wirst du versuchen, ähnliche emotionale Erlebnisse (für den Leser und für dich) zu erzeugen.
Denn im Endeffekt entstehen Geschichten niemals im luftleeren Raum, sondern nur in und mit und durch die Kommunikation mit dem Leser.
Deshalb ist es wichtig viel zu schreiben, viel zu probieren, vorher ein Ziel bzw. eine Zielgruppe festzulegen, sie anzupassen und deinen eigenen Weg zu finden. Um genau die Leser zu finden, die deine Geschichte mögen können, ihre Erwartungen zu erfüllen und sie dadurch glücklich zu machen .
Jetzt du: Was ist deine Zielgruppe?
Weißt du, wie deine aktuelle Zielgruppe aussieht? Hast du dir darüber überhaupt schon einmal Gedanken gemacht? Wie bist du an die Sache herangegangen? Bzw. wie möchtest du das in Zukunft machen? Fällt dir dieser Ansatz super leicht oder scheint das super schwierig zu sein?
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