Vorweg: Mit „Endkampf“ meine ich nicht zwangsweise eine physische Auseinandersetzung. Das kann auch „nur“ ein (Streit-) Gespräch sein, eben das „große Zusammentreffen“ zwischen Protagonist und Antagonist, der Höhepunkt deiner Geschichte.
Stell dir vor, Luke Skywalker trifft am Ende von „Das Imperium schlägt zurück“ auf seinen Vater: dunkle Atmosphäre, zwei Jedi, Laserschwerter, Dampf und dann … piff, paff, Ende.
Unbefriedigend? Darauf kannst du einen lassen.
Schließlich hat der Leser/Zuschauer gerade eine Menge Zeit (und Geld) in das Buch/den Film investiert. Da will er verständlicherweise nicht in zwei Absätzen abgefrühstückt werden.
Aber was, wenn es scheinbar keine andere Möglichkeit gibt?
In diesem Artikel möchte ich mich mit ein paar Möglichkeiten auseinandersetzen, wie du deinen Endkampf „episch“ gestalten kannst, oder zumindest so, dass er kein „Rohrkrepierer“ wird 🙂
1. Schaffe ein Kräftegleichgewicht
Über Antagonisten haben wir uns schon ein bisschen unterhalten. Natürlich sollte der Antagonist glaubhaft sein und eine echte Herausforderung, für deinen Protagonisten darstellen.
Trotzdem kommt es vielleicht am ehesten zu „piff-paff-Endkämpfen“, wenn der Antagonist um Längen mächtiger ist als dein Protagonist. Dann bleibt dir nämlich unter Umständen nicht viel anderes übrig, als möglichst schnell Schluss zu machen, um deinen Protagonisten nicht zu gefährden.
Jetzt magst du schreien „aber wenn er nicht mächtiger ist, dann ist der Kampf doch langweilig“. Richtig, der Antagonist muss ein paar nette Stärken haben, die es dem Protagonisten so richtig schwer machen. Aber genauso braucht er auch ein paar Schwächen, die der Protagonist ausnutzen kann.
Umgekehrt braucht der Protagonist ein paar Stärken, die er dem Antagonisten entgegensetzen kann (Schwächen wird er ja hoffentlich sowieso genug haben 🙂 ).
2. Lass den Antagonisten am Limit handeln
Alle (am Endkampf) teilnehmenden Charaktere müssen innerhalb ihrer Möglichkeiten maximal „gut“ handeln.
Das heißt, wenn der Antagonist ein Maschinengewehr dabei hat, dann sollte er es auch abfeuern. Und zwar nicht erst, wenn er drei Stunden lang seinen Plan ausgebreitet hat (um dem Protagonisten Zeit zu geben, ihm das Ding aus der Hand zu reißen).
Das ist nämlich das „Hauptproblem“ bei intelligenten Bösewichten, dass sie immer versuchen werden ihre Schwächen zu kompensieren.
Der Typ, der mit der Kanone bei einem Messerkampf auftaucht? Das ist der, der mitgedacht hat. Uns mögen seine moralischen Vorstellungen nicht gefallen, aber im Rahmen seiner Fähigkeiten und seiner Glaubensmuster hat er die bestmögliche Entscheidung getroffen.
Wenn die Charaktere nicht an ihrem Limit handeln, wie wird der Endkampf dann?
Richtig, er wird laaahm.
Jetzt ist also die Frage, was machen wir, damit der Kampf trotzdem nicht nach zwei Sekunden zu Ende ist.
3. Finde gute Gründe warum er scheitert
Nur, weil jemand in der Lage ist, sich eine Waffe zu besorgen, ist er noch lange nicht gut darin, sie zu benutzen. Also überlegen wir uns, was tatsächlich im Rahmen der Fähigkeiten des Antagonisten liegt.
- Könnte die Antagonistin (Astrid) dem Protagonist (Peter) mit einem Zufallstreffer einen Finger abschießen? Vielleicht*.
- Könnte sie ihn schon aus 30 Meter Entfernung in den Kopf treffen? Eher nicht*.
- Oder hat sie sogar vergessen, die Waffe zu entsichern, einfach weil sie nicht weiß, dass man das machen muss? Möglich*.
Die Antagonistin muss zwar im Rahmen ihrer Möglichkeiten „maximal gut“ handeln, aber eben auch „nur“ im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Dazu gehören sowohl ihre Fähigkeiten (Erfahrung im Umgang mit Schusswaffen), als auch ihre Mittel (kommt sie tatsächlich an eine Waffe heran? An eine Panzerfaust oder nur an einen Revolver?).
Das heißt, es liegt an dir Gründe zu finden, weshalb der Antagonist am Ende (wahrscheinlich) scheitert und sie rechtzeitig innerhalb der Geschichte einzuführen, damit sie nicht willkürlich wirken.
4. Wähle die beste Reaktion
Eigentlich ist das eine Wiederholung von Punkt 2 (am Limit handeln), aber weil es so wichtig ist, schreibe ich es noch einmal hier hin.
Ja, die Antagonistin sollte immer ihr bestes Geben. Aber dasselbe gilt auch für den Protagonisten: Wir überlegen, was im Rahmen der Fähigkeiten und der Glaubensmuster des Protagonisten die bestmögliche Sache ist, die er machen kann.
- Kann er den Angreifer rechtzeitig hören/sehen? Eventuell*.
- Kann er eine kugelsichere Weste tragen, weil er mit so einem Angriff gerechnet hat? Eher unwahrscheinlich*.
- Oder findet er einen anderweitig Unterstützung? Vielleicht*.
Der Protagonist darf nur innerhalb seiner Möglichkeiten „maximal gut“ handeln, die sind gewöhnlich beschränkt durch moralische Grundsätze, die ihn „zurückhalten“.
Antagonistin Astrid liegt auf dem Boden und greift nach ihrer Waffe, Peter ist an den Händen gefesselt, hätte aber die Möglichkeit in ihr Gesicht zu treten.
Macht er das wirklich? Wenn das nicht zu seinen moralischen Vorstellungen passt, liegt es nicht innerhalb seiner Möglichkeiten. Trotzdem muss er das Beste aus der Situation machen, was eben gerade noch geht.
Auch seine Fähigkeiten und Möglichkeiten sollten rechtzeitig eingeführt werden. Er braucht unbedingt ein Taschenmesser? Dann sollte er das am besten schon am Anfang irgendwann einpacken und eventuell vorher schon einmal gebraucht haben, damit es glaubwürdig bleibt. Womit wir auch schon beim nächsten Punkt sind.
*Die Antworten hängen natürlich immer von dem Charakter und der Geschichte ab.
5. Triff glaubwürdige Gottesentscheidungen
Ja, es ist ein bisschen Deus ex Machina im Spiel.
Denn, wenn Astrid auf Peter schießt, hängt es natürlich von ihren Fähigkeiten ab, wohin sie Peter trifft. Trotzdem hast du (als Autor und „Gott der Geschichte“) immer einen gewissen Spielraum. Wenn Astrid noch nie eine Waffe in der Hand hatte und nur einmal abrückt, dann wird sie wahrscheinlich gar nicht treffen (aber sie könnte, wenn du unbedingt wolltest).
Wenn sie sechs mal abdrückt, weil sie eben unbedingt treffen will, dann wird sie höchstwahrscheinlich irgendwo treffen.
Du kannst wählen, welcher der beiden Fälle eintrifft und in beiden Fällen kannst du entscheiden ob und wenn ja wo die Kugel tatsächlich trifft. Das liegt in deinem Ermessen.
Im zweiten Fall wäre es glaubhaft, dass sie Peter direkt ins Herz trifft, es wäre aber genauso glaubhaft, dass Peter nur einen Streifschuss abbekommt.
Welche Möglichkeit du wählst oder wählen solltest, hängt davon ab, wie der Kampf ausgehen soll; und davon, was aufgrund der vorangehenden Punkte glaubhaft wirkt.
Außerdem sind wir damit direkt bei Punkt 6:
6. Triff ausgewogene Entscheidungen
Treffe ausgewogene Entscheidungen.
Wenn Peter beim ersten Mal nur einen Streifschuss abbekommt, sollte er beim nächsten „Zufallsentscheid“ eher die schlechteren Karten bekommen. Sagen wir, Astrid schubst ihn rückwärts über einen Stuhl. Natürlich könnte Peter sich fangen, aber er hatte beim ersten Mal schon Glück. Also schlägt er diesmal vielleicht mit dem Hinterkopf auf und ihm ist ab jetzt schwindelig.
Das ist eigentlich auch wieder ein Zirkelschluss zu Punkt 1. Genauso wie die Kräfte ausgeglichen sind, sollte auch das Glück der beiden Parteien ausgeglichen sein.
7. Erstelle eine Choreographie
Wusstest du, dass die Kämpfe in Filmen immer (mindestens) einen Choreografen haben? Ist ja auch irgendwie logisch, schließlich müssen die Stuntmen wissen, wann sie sich ducken oder wann sie zu Boden gehen müssen.
Deshalb ist es eine gute Idee auch die Kampfszenen in deiner Geschichte zu planen, bevor du daran gehst sie aufzuschreiben.
Wie sorgst du für einen epischen Endkampf?
Gibt es in deiner Geschichte überhaupt einen Endkampf? Ist er physischer oder psychischer Natur? Wie lange dauert er (zeitlich) und wie viele Wörter hat er? Was war der epischste Endkampf, in einem Buch, an den du dich erinnern kannst?
Franzi meint
Hi Jacky,
ich wollte dir nur sagen wie sehr ich deine Seite liebe 🙂
Ich schreibe seit ich 13 bin Romane und du triffst viele Dinge sooo gut (z.B. bei dem Selbstzweifelbeitrag…als hätte ich das geschrieben ;)).
Mach bitte weiter so!
LG
Franzi
Max meint
Ich arbeite derzeit (seit ~10 Jahren, genau genommen) an einem Invasionsroman.
Das ganze beginnt (im derzeitigen Entwurf) mit einer militärischen Invasion, und soll damit enden dass die Protagonisten eine „Gated Community“ einnehmen.
Praktisch genau was die „Bösen“ am Anfang gemacht haben, nur halt umgekehrt (und im kleineren Rahmen).
Und ich hab mittlerweile Seitenweise Skizzen und Planungen.