Dies ist der sechste Teil meiner Serie: “Wie veröffentliche ich mein Manuskript?” Es geht um das Exposé, den Dreh- und Angelpunkt einer jeden Manuskripteinsendung. Da der Beitrag so lang geworden ist, habe ich ihn noch einmal unterteilt: Das Exposé – Inhaltsangabe und Form (Teil 2).
In den beiden letzten Artikeln (Was gehört alles in ein Anschreiben?, Anschreiben per E-Mail) ging es darum, das Anschreiben möglichst so zu formulieren, dass das Exposé gelesen wird. Das Exposé wiederum ist nur dazu da, damit der Lektor einen Blick in dein Manuskript wirft.
Was ist ein Exposé?
Wenn das Anschreiben der erste Blickkontakt ist, dann ist das Exposé die erste Unterhaltung. Die Leseprobe ist die erste Verabredung, das gesamte Manuskript ist die eigentliche Beziehung und die Veröffentlichung ist – naja – das Happy End (hoffentlich).
Im diesem ersten Teil über das Exposé möchte ich mich nun über den Aufbau dieses wichtigen ersten Gesprächs auslassen. Was musst du wie sagen, damit es überhaupt zu einer Verabredung kommt?
Im Beitrag „Pitch, Exposé oder Konzept? – Definitionen“ haben wir schon kurz geklärt, was ein Exposé eigentlich ist und was dazu gehört:
Definition:
Ein Exposé ist die Arbeitsgrundlage eines Lektors, es ist eine übersichtliche Zusammenfassung deines Romanprojekts.
Im Exposé sollten enthalten sein:
- Name des Autors
- Arbeitstitel des Manuskripts
- Genre der Geschichte
- Eventuell Zielgruppe
- Länge des Manuskripts in Normseiten
- Eventuell (kurze) Personenbeschreibung
- Eine vollständige Inhaltsangabe
- Eventuell der Hintergrund/Handlungsort/Zeit der Geschichte
Hier wollen wir diese Punkte noch einmal vertiefen. Dabei ist der größte und wichtigste Teil die Inhaltsangabe, zu der wir im zweiten Teil dieses Artikels kommen werden. Aber zu allererst noch mal eine ganz wichtige Frage – auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole ^^
Wozu braucht der Lektor überhaupt ein Exposé?
Ein Exposé ist, neben dem Anschreiben, das Erste und vielleicht auch Einzige, was ein Verlagslektor von deinem Projekt zu sehen bekommt. Schließlich ist es zeitlich einfach nicht machbar, von den fünfzig oder mehr Einsendungen, die er pro Tag bekommt, jedes Mal über dreihundert Seiten zu lesen, nur um am Schluss zu merken, dass die Geschichte doch weder Hand noch Fuß hat.
Deshalb muss das Exposé den Lektor „von den Socken reißen“. Danach muss er denken „Ja, die Geschichte klingt interessant! Das muss ich mir genauer ansehen“. Es ist so etwas wie ein Trailer für einen Kinofilm, mit dem Unterschied, dass der Lektor kein Leser/Zuschauer ist sondern derjenige, der das Buch am Ende verkaufen soll.
Das Exposé soll den Lektor dazu bringen, dass er weiterlesen möchte, mit Betonung auf dem „möchte“. Denn wenn er dein Exposé zum ersten Mal zur Hand nimmt, dann muss er es lesen, weil das nämlich sein Job ist, nicht, weil es ihm Spaß macht. Und anhand dieses Exposés muss er auch eine Entscheidung zwischen zwei Möglichkeiten treffen:
- Investiere ich meine Zeit und damit einen Haufen Geld darin, das Manuskript zu lesen und dann eventuell noch viel mehr Zeit und Geld, um es zu korrigieren, lektorieren und zu veröffentlichen?
- Werfe ich es in den Müll?
Offensichtlich ist Möglichkeit Nummer 2 wesentlich einfacher zu bewerkstelligen. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass das Exposé überzeugt.
Ja, natürlich ist es im Endeffekt nur eine gute Geschichte, die wirklich überzeugt, aber die Geschichte kann noch so wundertoll sein, wenn das Exposé das nicht widerspiegelt, dann wandert sie ohne Federlesen in den Papierkorb (Möglichkeit 2).
Und was bringt dir das Exposé?
Zu allererst einmal ist ein Exposé kostensparend, weil es wesentlich preisgünstiger ist, ein paar Seiten zu drucken und zu verschicken, als ein komplettes (viele hundert Seiten langes) Manuskript.
Das bedeutet, du erschlägst den Lektor nicht mit einem Paket aus losem Papier. Ein leichter Umschlag reicht aus, um ihm alles Wichtige an die Hand zu geben. Das setzt für ihn die Hemmschwelle, sich an die Arbeit zu machen, wesentlich herab.
Du gibst dem Lektor einen schnellen Überblick, so ist es viel leichter zu überzeugen, als wenn er sich erst durch 500 Seiten wühlen muss, um zu erkennen, dass die Geschichte (vielleicht) ein supercooles Ende hat.
Zu guter Letzt ist es wesentlich einfacher kurze Texte fehlerfrei zu halten als komplette Manuskripte. Das heißt, du machst es dir selbst wesentlich einfacher, einen guten Eindruck zu hinterlassen.
Inhalt eines Exposés
Jetzt aber endlich noch mal zu den oben genannten inhaltlichen Punkten, im Detail.
Name des Autors
Da sag ich jetzt mal nichts zu. Deinen Namen solltest du schon schreiben können 😛
Vielleicht sag ich doch was dazu. Wichtig ist, dass es dein richtiger Name ist. Schließlich soll der Verlag ja im besten Fall mit dir Kontakt aufnehmen und nicht mit dem grauhaarigen Haustier deines Nachbarn (Oder was immer du als Pseudonym gewählt hast ^^).
Arbeitstitel des Manuskripts
Der Arbeitstitel ist noch mal ein Minipitch. Natürlich kannst du deinem Manuskript, während du es schreibst, einen „echten“ Arbeitstitel geben. So etwas wie „Arbeitstitel“ oder „Mein Buch“ ist dann völlig ausreichend. Aber wenn du dein Exposé verfasst, dann ist dieser Punkt eine neue Möglichkeit, dich und deine Geschichte an den Lektor zu verkaufen. Das heißt es muss etwas wesentlich besseres her als „Liebesgeschichte mit Lulu, mein 237ster Versuch“.
Natürlich kann der Titel nachher noch vom Verlag geändert werden. Seien wir realistisch, es ist sogar wahrscheinlich, dass das passiert. Nicht unbedingt, weil der Titel besser passt, sondern weil die eben wissen, was vom Markt gekauft wird und das ist schließlich was sie wollen: verkaufen. Versuch also nicht jetzt unbedingt den Job des Verlags zu übernehmen und dir einen Titel auszudenken, der sich verkaufen lässt. Sondern such dir etwas aus, dass den Lektor dazu bringen könnte, weiterzulesen.
Dabei gilt, je weniger Wörter, desto besser. Kannst du deine Geschichte auf ein einziges Wort eindampfen? Super! Tu das! Ein durchschnittlicher Arbeitstitel sollte nicht mehr als drei Wörter beinhalten, und wenn du mehr als fünf Wörter hast, dann solltest du wirklich sehr angestrengt darüber nachdenken, wie du das kürzen kannst. Aber auf gar keinen Fall, ich wiederhole, auf gar keinen Fall sollte dein Titel länger als eine Zeile sein.
Der Mann, der in ein Haus einbrach und seine Alientochter umbrachte, während seine achtäugige Frau zusah und die Katze sich hinter den Ohren kratzte.
Ist ein Titel der dem Lektor schon ins Gesicht brüllt: Hier hat sich einer keine Mühe gegeben, also brauchst du dir den Quatsch gar nicht erst anzuschauen.
Während:
Der Achtaugenkiller
vielleicht auch kein literarisches Meisterwerk ist, aber doch wenigstens eine gewisse Neugier weckt ^^.
Genre der Geschichte
Hier kommt offensichtlich das Genre deiner Geschichte hin. In den meisten Fällen wird dir die Einordnung sehr leicht fallen. Aber sobald es sich um einen Mix handelt, wird es schwierig. Super-Dark-Mystery-High-Fantasy-SciFi, lässt sich nur ganz schwer verkaufen.
Deshalb lautet mein Ratschlag: Such dir das Genre aus, zu dem deine Geschichte am Ehesten tendiert. Das heißt, am besten nur genau ein Genre, maximal aber zwei.
Tipp: Nutze deine Recherche aus der Verlagssuche um exakt dasselbe Schlagwort zu verwenden, das der Verlag ausgewählt hat. Z.B. sagen einige Verlage „All-Age-Fantasy“ ander „All age Fantasy“ wieder andere „Phantastik“ oder vielleicht sogar schlicht und ergreifend „Fantasy“.
Übrigens eine gute Gelegenheit um zu erkennen, warum jedes Exposé an den Verlag angepasst sein sollte, an den du es schickst. Käme ziemlich blöde, wenn du versuchst im Genre „Dunkle Fantastik“ zu veröffentlichen, wenn der Verlag nur „Dark Fantasy“ verkauft.
Zielgruppe
Dieser Punkt ist optional, weil er meistens durch das Genre schon abgedeckt wird. Falls nötig gibt es mehrere Methoden, um hier eine klare Aussage zu treffen.
1. Leser von [Autor]
„Diese Geschichte richtet sich an Leser von Stephen King“ oder eben ein entsprechender Autor deines Genres. Damit sind wir aber auch gleich beim Nachteil. Denn es ist nicht immer einfach einen Autor zu finden, dessen Zielgruppe du ansprechen möchtest, ohne überheblich zu klingen. Wenn du also diese Methode verwendest, dann such dir nicht die Supergiganten unter den Autoren heraus, aber auch nicht völlig unbekannte Größen. Wähle jemanden aus dem oberen Mittelfeld. Das zeigt Selbstbewusstsein, aber auch keinen Größenwahn.
2. Ähnlich wie [Buchtitel]
Auch hier gilt, wie beim Autorenvergleich, such dir nicht die ganz großen Bestseller aus. Schließlich will jeder „Herr der Ringe nur besser“ verfasst haben. Ordne dich im oberen Mittelfeld ein und achte darauf, dass du ehrlich bleibst. Wähle also Bücher, die wirklich Ähnlichkeiten aufweisen und nicht solche, von denen du nur gerne hättest, dass sie ähnlich wären.
Frag doch einfach mal deine Probeleser, womit sie deine Geschichte vergleichen würden.
Außerdem solltest du mindestens zwei Vergleichsbücher angeben (vielleicht auch drei, eventuell vier, aber mehr als das würde mich als Lektor erschlagen, dann lässt sich keine klare Linie mehr erkennen), und diese sollten möglichst wenige Gemeinsamkeiten aufweisen. Z.B. „Herr der Ringe, Teil 1 und 2“, sind zwar zwei Bücher, aber so ähnlich, dass es sich gar nicht lohnt beide aufzuzählen. Außerdem schwebt dann immer die Vermutung im Raum, dass du „nur abgepinnt“ hast.
Je unterschiedlicher die beiden Werke, desto unwahrscheinlicher, dass du nur abgeschrieben hast. Aber sie sollten auch nicht so unterschiedlich, dass sich der Lektor fragt, was du wohl geraucht hast 😛
3. Altersangaben
Altersangaben können auch zusätzlich zu den anderen Methoden gemacht werden. Ich halte das aber für sehr schwierig. Denn Zahlengaben wirken immer so strikt 20-30 (wenn ich 31 bin, will ich das Buch nicht mehr lesen?) und sie sind schnell zu eng (25-30) oder zu weit (3-99) gefasst.
Sinnvoll kann so etwas bei Kinderbüchern sein, wo schon kleine Altersunterschiede große Auswirkungen auf das Lesevergnügen haben. Sonst würde ich mich auf „Jugendliche“, „junge Erwachsene“ oder ähnliches Beschränken. Wobei dann aber wieder das Problem auftritt, dass die Aussage so schwammig wird, dass du sie fast schon wieder weg lassen könntest.
Warum nur optional?
Wie gerade erwähnt haben diese drei Methoden der Zielgruppeneinschränkung ihre Vor- und Nachteile, wobei ich finde, dass die Nachteile eher überwiegen (meine Meinung). Deshalb würde ich versuchen, ohne diese Zusätze auszukommen. Das ist aber nicht in jedem Fall möglich. Und wenn dir ein guter Vergleich einfällt, der dein Zielpublikum umreißt und den Lektor anspricht/neugierig macht, dann fühl dich frei es zu versuchen.
Länge des Manuskripts in Normseiten
Der Lektor muss wissen, mit was er es zu tun hat. Kommt da ein dicker Wälzer raus oder eher ein Heftchen? Deshalb braucht er die Anzahl der Seiten und damit die ihm etwas bringt, sollte das auch nicht die „DIN-A4 Seitenzahl in Times New Roman Schriftgröße 10“ oder „Calibri Schriftgröße 11“ sein. Verpack dein Manuskript in Normseiten, das brauchst du sowieso noch für die Probekapitel. Mit der Normseitenzahl kann der Lektor sich dann ausrechen, wie lang deine Geschichte ungefähr in (verlagsspezifischer) Buchform wäre 🙂
Außerdem kann es hilfreich sein, auch noch die Zeichenzahl anzugebe (Leerzeichen eingeschlossen). Denn das ist eine absolut eindeutige Größe, die zusammen mit der Normseitenzahl auch Aufschluss über dein Schriftbild gibt. Angenommen du hast 5 Normseiten, aber nur 1.000 Zeichen. Dann hast du in jeder Zeile knapp ein Wort, was etwas ganz anderes ist, als wenn du auf 5 Normseiten 9.000 Zeichen hast, was bedeutet, dass du nicht einen einzigen Absatz gesetzt hast.
Personenbeschreibung
Auch dieser Punkt ist optional, wenn du ohne auskommst, bestens. Aber besonders wenn du ein längeres Projekt beschreiben möchtest, dann kommst du um ein paar Personenbeschreibungen kaum herum. Zumindest nicht ohne dich in der eigentlichen Inhaltsangabe ständig zu verrennen und Handlung mit Vorstellung zu vermischen. Das ist zum einen verwirrend und zum anderen zieht es die Inhaltsangabe unnötig in die Länge.
Also, gib von allen wichtigen Personen eine Personenbeschreibung ab. Aber wirklich nur die allerwichtigsten Personen – je weniger, desto besser. Dabei geht es explizit nicht um ihr Aussehen (es sei denn das trägt massiv zur Geschichte bei, wie z.B. rosa Flügel oder ein amputierter Arm).
Georg Sandmann ist 34, hat blonde Haare, blaue Augen und ist 186,32 cm groß. Er trägt am liebsten schwarze Anzüge mit blassblauen Hemden darunter und seine liebsten Manschettenknöpfe haben die Form von Babyhunden.
Ahhhja – jetzt ist der Lektor mindestens so schlau wie vorher.
Es geht um ihren Charakter und um ihre Rolle innerhalb der Geschichte. Keine Details, keine Ausschmückungen, der Lektor braucht weder die Farbe ihrer Unterhose, noch ihr Lieblingshobby aus der dritten Klasse. Er will nur wissen, wer ist das, was ist sein Ziel, was spielt er für eine Rolle?
Georg Sandmann ist 34 Jahre alt, erfolgreicher Geschäftsmann und Weiberheld. Er möchte unbeding Firmenchef werden und geht dafür über Leichen. Frauen sind für ihn nur Lustobjekte, ihr Gefühlsleben ist ihm egal.
Damit könnte man in einem Exposé schon etwas anfangen, viel mehr braucht man nicht zu wissen, um ihn einschätzen zu können. Wenn du die Charakterentwicklung gemacht hast, kannst du jetzt deine Charakterskizze oder den ersten Eindruck wiederverwenden, einfach noch ein bisschen genauer und vor allem interessanter formulieren – et voilà 🙂
Wie bei allem im Exposé gilt, dass es so kurz wie möglich sein soll, aber auch so lang wie nötig. Wenn du es in einem Satz schaffst, blendend. Länger als drei Sätze würde ich versuchen nicht zu werden.
Inhaltsangabe und Form
Dazu dann mehr im zweiten Teil: Das Exposé – Inhaltsangabe und Form (Teil 2)
Und eine Übersicht über die gesamte Serie findest du hier: “Wie veröffentliche ich mein Manuskript?”
Diskussion
Hast du schon mal ein Exposé geschrieben? Wie hast du damit angefangen? Welche der oben genannten Punkte kamen darin vor? Wie lang waren deine Personenbeschreibungen und wie hast du versucht den Lektor von deiner Geschichte zu überzeugen? Hattest du Erfolg?