Alle vier Teile als PDF + Cheat-Sheet
Wie schafft man eigentlich so ein Monsterprojekt »ich schreibe einen Roman«? In der Vergangenheit habe ich mich ja schon einige Male mit dieser Thematik auseinandergesetzt (in der Zukunft werde ich das noch vertiefen 😉) und berichte auch immer wieder, wie sich die Dinge bei mir so entwickeln. Aber wie machen das andere Leute so?
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In dieser vierteiligen Serie übersetze ich den Artikel »How to Write a Novel: The Snowflake Method« von Randy Ingermanson, in dem er beschreibt, wie er an das Projekt »Roman schreiben« herangeht. Darauf gestoßen bin ich durch Rezna, ein dickes Dankeschön an dieser Stelle an sie und vor allem auch an Randy Ingermanson für die Erlaubnis.
[Anm. des Übersetzers: Aufgrund seiner Länge, habe ich den Artikel in drei Stücke aufgeteilt, der vierte Teil enthält eine Zusammenfassung, Stellungnahme und einige Erweiterungen meinerseits.]»How to Write a Novel: The Snowflake Method«
von Randy IngermansonEinen Roman zu schreiben ist einfach.
Einen guten Roman zu schreiben ist schwer. So ist das Leben. Wenn es einfach wäre, dann würden wir alle Bestseller schreiben, die mit Preisen überschüttet werden.
Offen gesagt, es gibt tausende von Menschen da draußen, die dir erklären können, wie man einen Roman schreibt. Es gibt tausend verschiedene Methoden. Die beste Methode ist diejenige, die für dich am besten funktioniert.
In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, was für mich funktioniert. Ich habe 6 Romane veröffentlicht und etwa ein Dutzend Preise für meine Geschichten gewonnen. Ich lehre die Kunst des Schreibens ständig auf Konferenzen. Eine meiner berühmtesten Vorlesungen heißt: »Wie man einen Roman schreibt, indem man das benutzt, was ich die Schneeflocken-Methode nenne.«
Dieser Artikel ist der meistbesuchte auf meiner Webseite und hat hunderte von Aufrufen pro Tag. Also kannst du dir denken, dass ziemlich viele Leute ihn nützlich finden. Dir geht es vielleicht nicht so, aber das ist okay für mich. Sieh dir an, was ich zu sagen habe, entscheide, was für dich funktioniert und ignoriere den Rest! Wenn es dich zum Würgen bringt, bin ich nicht beleidigt. Verschiedene Schriftsteller sind verschieden. Wenn dich meine Methoden in Schwung bringen, bin ich glücklich. Ich werde mein Bestes geben, um den Ablauf zu strukturieren, aber das letzte Urteil darüber, was für dich funktioniert, triffst du. Viel Spaß … schreib deinen Roman!
Die Bedeutung von Design
Gute Fiktion passiert nicht einfach, sie wird designet. Du kannst die Designarbeit vorher machen, oder nachdem du deinen Roman geschrieben hast. Ich habe es auf beide Weisen probiert und ich glaube fest daran, dass es viel schneller geht und zu besseren Ergebnissen führt, wenn man es vorher macht. Design ist harte Arbeit, deshalb ist es wichtig, frühzeitig eine gute Methode zu finden. Dieser Beitrag wird dir eine umfassende Anleitung für deine Designarbeit geben.
Unsere fundamentale Frage lautet: Wie designet man einen Roman?
Einige Jahre lang war ich ein Softwareentwickler, der große Projekte designet hat. Ich schreibe Romane auf die gleiche Weise, nämlich indem ich die »Schneeflocken-Methode« anwende. Okay, was ist denn jetzt die Schneeflocken-Methode? Wirf dazu bitte einen Blick auf die Bilder in diesem Artikel [Anm. des Autors: An dieser Stelle hatte er eine Seite verlinkt, die bei mir nicht funktioniert, deshalb habe ich etwas umformuliert. Interessant ist zu dem Thema jedenfalls diese Seite]
Als erstes siehst du ein hübsches Muster, auch bekannt als Schneeflockenstruktur. Erzähl es niemandem, aber das ist ein wichtiges, mathematisches Objekt, das schon tiefgehend untersucht wurde. Für unsere Zwecke ist es nur eine coole Skizze einer Schneeflocke. Wenn du auf der verlinkten Seite ein wenig nach unten scrollst, siehst du vier Symbole, wovon das erste ein großes Dreieck ist. Wenn du an jeder glatten Seite ein kleineres Dreieck hinzufügst, erhältst du den Stern rechts daneben. Wiederholst du diesen Schritt oft genug, erhältst du irgendwann eine Schneeflocke. Am Anfang sieht es noch nicht wirklich nach einer Schneeflocke aus, aber nach ein paar Schritten wird die Ähnlichkeit langsam immer größer, bis es schließlich eine Schneeflocke ist.
Die ersten Schritte sehen so aus:
Ich möchte, dass du deinen Roman auf dieselbe Weise erstellst – du fängst klein an, dann fügst du solange Dinge hinzu, bis es wie eine Geschichte aussieht. Ein Teil davon ist kreative Arbeit und ich kann dir nicht beibringen, wie man die erledigt. Nicht hier jedenfalls. Aber der größte Teil der Arbeit ist lediglich Organisation – ordne alles in einen gut strukturierten Roman. Das ist es, was ich dir in diesem Artikel beibringen möchte.
Wenn du wie die meisten Menschen bist, dann verbringst du viel Zeit damit, über deinen Roman nachzudenken, bevor du überhaupt anfängst zu schreiben. Du betreibst etwas Recherche. Du versinkst in Tagträumen darüber, wie die Geschichte funktionieren könnte. Du machst Brainstorming. Du fängst an, die verschiedenen Stimmen der Charaktere zu hören. Du denkst darüber nach, worum es in dem Buch überhaupt geht – den tieferen Sinn. Das ist ein wichtiger Teil bei jedem Buch. Ich nenne es »Komposition«. Es ist ein informeller Prozess und jeder Schriftsteller macht ihn anders. Ich gehe davon aus, dass du weißt, wie du deine Geschichten am besten »komponierst«, dass du schon eine fertige Idee für einen Roman im Kopf hast und bereit bist, dich hinzusetzen und zu schreiben.
Zehn Schritte zum Design
Aber vor dem Schreiben musst du deine Arbeit organisieren. Du musst all diese wundervollen Ideen auf Papier festhalten. Warum? Weil deine Erinnerung fehlbar ist und deine Kreativität möglicherweise große Löcher in der Geschichte hinterlassen hat – Löcher, die du füllen musst, bevor du anfängst, deinen Roman zu schreiben. Du brauchst ein Designdokument. Und du musst es auf eine Art und Weise produzieren, die dir nicht die Lust nimmt, deine Geschichte am Ende auch zu schreiben. Hier ist meine 10-Schritte-Methode, um ein Designdokument zu erstellen. Ich benutze diese Methode, um meine Romane zu schreiben und hoffe, sie wird dir helfen.
Schritt 1 – »Ein-Satz-Zusammenfassung«
Nimm dir eine Stunde Zeit und schreibe eine Ein-Satz-Zusammenfassung deines Romans. Etwas in der Art wie: »Ein gewitzter Physiker reist in der Zeit zurück, um den Apostel Paulus zu töten« (Das ist die Zusammenfassung meines ersten Romans »Transgression«). Dieser Satz wird dir für immer als 10-Sekunden-Verkaufswerkzeug dienen. Das ist die Übersicht, das Analogon zu dem großen Dreieck in der Schneeflockenstruktur.
Wenn du später ein Exposé für deinen Roman schreibst, sollte dieser Satz ziemlich am Anfang erscheinen. Er ist der Aufhänger, der dein Buch an den Lektor verkaufen wird, dem Agenten, dem Verkaufspersonal, den Geschäftsführern der Buchläden und schlussendlich deinen Lesern. Also mach daraus das Beste, was du kannst!
Einige Hinweise, was einen guten »Zusammenfassung in einem Satz« ausmacht:
- Kürzer ist besser. Versuch es mit 15 Wörtern oder weniger.
- Keine Charakternamen, bitte! Besser schreib „ein blinder Trapezkünstler“ anstatt „Anna Müller„.
- Verbinde das große Ganze und die persönliche Ebene der Geschichte. Welcher Charakter hat am meisten zu verlieren? Dann sag mir, was er gewinnen möchte.
- Lies die einzeiligen Klappentexte in der New York Times Bestsellerliste [Anm. des Übersetzers: Ich habe im deutschsprachigen Raum noch nichts vergleichbares gefunden und bin für jeden Hinweis dankbar], um zu lernen wie man das macht. Eine Zusammenfassung in einem Satz zu erstellen ist eine Kunst für sich.
Schritt 2 – »Ein-Absatz-Zusammenfassung«
Nimm dir noch eine Stunde Zeit und erweitere deinen Satz zu einem vollständigen Absatz. Dieser Absatz soll den Aufbau deiner Geschichte beschreiben, die größten Katastrophen und das Ende der Geschichte. Das ist das Analogon zum zweiten Stadium der Schneeflocke. Ich unterteile eine Geschichte gerne in »drei Katastrophen und ein Ende«. Jede der Katastrophen braucht ein Viertel des Buches, um sich zu entwickeln und das Ende nimmt das letzte Viertel ein. Ich weiß nicht, ob das die ideale Struktur ist, es ist nur mein persönlicher Geschmack.
Wenn du an die Drei-Akte-Struktur glaubst, dann entspricht die erste Katastrophe dem Ende des ersten Akts. Die zweite Katastrophe ist die Mitte von Akt 2. Die dritte Katastrophe entspricht dem Ende von Akt 2 und erzwingt Akt 3, der alles noch einmal verdaut. Es ist okay, wenn die erste Katastrophe durch äußere Umstände erzeugt wird, aber ich denke, dass die zweite und dritte Katastrophe dadurch eingeleitet werden sollten, dass der Protagonist versucht, die »Dinge in Ordnung zu bringen«. Er macht es einfach nur schlimmer und schlimmer.
Auch diesen Absatz kannst du in deinem Exposé verwenden. Idealerweise hat dein Absatz fünf Sätze.
- Ein Satz, um den Hintergrund und den Aufbau der Geschichte zu erläutern.
- Dann ein Satz für jede deiner drei Katastrophen.
- Dann ein weiterer Satz, um das Ende zu erzählen.
Wenn das verdächtig nach Klappentext klingt, dann weil … es einer ist, und die Rückseite eines Buches ist die Stelle, wo er eines Tages auftauchen wird.
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