Diese Woche habe ich mich, wie geplant, an die Entwicklung eines Hauptcharakters gemacht. Am Anfang hat es sehr viel Spaß gemacht. Dann war er so gut wie fertig und plötzlich war er flach.
Er hatte eine Geschichte, Ziele, Träume, Wünsche, Freunde, Feinde, Fehler, … aber er kam mir so flach vor, wie eine Pfütze bei Windstille. Noch schlimmer: Er schien nicht mehr in die Geschichte zu passen.
Angst
Ich war schockiert. Hatte ich nicht alles gegeben? Hatte ich nicht meinen Charakterkurs Schritt für Schritt abgearbeitet? War ich nicht mit Liebe zum Detail vorgegangen? Sogar seine Feuerprobe im Alltag und im Konflikt hatte er problemlos bewältigt. Trotzdem schien er mir flach und hohl und unpassend.
Die Erkenntnis
Sie kam spät und sie kam langsam, aber sie kam: Ich hatte Angst.
Es war nicht so, dass er wirklich flach war, dass er wirklich nicht in die Geschichte passte. Aber jetzt, wo ich die ersten Punkte festgehalten hatte, wo sie schwarz auf weiß auf einem Blatt Papier standen, da standen die Dinge plötzlich wieder fest – unumstößlich fest.
Dass das nicht wahr ist, habe ich ja nun schon mehr als einmal festgestellt. Es ist wirklich merkwürdig, dass ich das immer und immer wieder lernen muss.
Anpassung
Noch eins wurde mir klar, nämlich, dass er gar nicht in die Geschichte passen muss. Die Geschichte wird sich an ihn anpassen, ganz genau so, wie sich auch sein Charakter wieder ändern wird, wenn ihm die Geschichte „passiert“. Nichts ist fest, die Geschichte fließt, sie atmet und lebt zusammen mit ihren Charakteren.
Alternativen: Der Planungsvorteil
Wenn in der Planungsphase noch nicht alles rundläuft, noch nicht alle Ecken und Kanten ausgehobelt sind, dann ist das völlig normal und komplett in Ordnung. Es ist eben die Planungsphase.
Wenn ein Küken auf die Welt kommt, hat es auch noch keine Federn und ist nicht gerade eine Schönheit, wenn ein Künstler eine Statur aus einem Felsen haut, ist der Klotz am Anfang auch nur eine unförmige Angelegenheit.
Es ist sogar gut, wenn dir jetzt auffällt, dass Dinge nicht zueinander gehören. Diese Phase ist ganz genau dazu gedacht.
Schreibwut
Am Anfang war sie da, groß und bedrohlich schwebte sie über mir und fast hätte ich mich ihr hingegeben. Jetzt bin ich froh, dass ich es nicht getan habe. Denn spätestens in diesem Stadium hätte ich gemerkt, dass viele kleine und große Dinge noch nicht zusammenpassen, weil sie einfach so nicht zusammengehören.
Es ist ein bisschen, wie bei einem riesengroßen Puzzle, mit viel zu vielen Teilen, bei dem man weder das Gesamtbild genau kennt, noch weiß, ob man wirklich alle Teile zusammen hat.
Geduld
Ich werde mich also in Geduld üben, den nächsten Charakter, der auch schon angefangen hat zu wachsen, entwickeln, mich an noch mehr Charaktere wagen und zur Geschichte selbst zurück kehren. Ganz so, wie es der Lauf der Dinge ist.
Ich werde herausfinden, welche Teile zusammengehören, wie sie ins Bild passen und wie ich das Bild verändern muss. Es ist ein Prozess, ein wachsender, pulsierender, atmender, fließender Prozess, der nicht aufhören wird, bis ich die letzte Korrektur beendet habe.
Diskussion
Hast du auch manchmal das Gefühl, dass nichts mehr zusammengehört? Was tust du dagegen? Wie weit bist du mit deiner Geschichte? Hast du deine gesetzten Ziele erreicht? Was ist für nächste Woche angedacht?
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